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Arztzahl steigt, aber die Ressource Arzt bleibt knapp – BÄK und KBV sehen Entwicklungen mit Sorge

(c) GoodStudio/Shutterstock.com

Es gibt zwar etwas mehr Ärzte und Psychotherapeuten in Deutschland – aber aufgrund von Teilzeit-Arbeitszeiten wird die Arzt-Zeit weniger. Und auch der Zuwachs beim Nachwuchs bleibt zu gering – Entwicklungen, die die Bundesärztekammer und die Kassenärztliche Bundesvereinigung mit Sorge sehen. Die aktuellen Arztzahlen aus dem Bundesarztregister.

„Die Corona-Pandemie zeigt, wie wichtig Ärztinnen und Ärzte für ein funktionierendes Gesundheitswesen und damit für unser gesamtes gesellschaftliches Wohlergehen sind. Die konsequente ärztliche Nachwuchsförderung und bessere Ausbildungsbedingungen gehören deshalb dringend auf die politischen Agenden von Bund und Ländern.“ Das sagte Bundesärztekammer-Präsident Dr. Klaus Reinhardt anlässlich der Vorstellung der aktuellen Ärztestatistik am 8. April.
Nach den Daten der Bundesärztekammer stieg zwar die Zahl der berufstätigen Ärztinnen und Ärzte (+1,7 Prozent) sowie die der Facharztanerkennungen (+0,6 Prozent), jedoch fiel der Zuwachs deutlich geringer aus als in den Vorjahren. Bei den jungen Ärztinnen und Ärzte aus dem Inland, die sich erstmalig bei einer (Landes-)Ärztekammer anmeldeten, verzeichnet die Statistik sogar einen Rückgang um 1,1 Prozent.

„Wir betrachten diese Entwicklung mit Sorge. Denn wir brauchen dringend eine ausreichende Anzahl von Ärztinnen und Ärzten, um die Folgen des anhaltenden Trends zur Teilzeitarbeit, des steigenden Durchschnittsalters der Ärzteschaft und des demografischen Wandels zu bewältigen. Sinkt die Zahl der zur Verfügung stehenden Arztstunden, wird das nicht gelingen“, warnte Reinhardt mit Blick auf den hohen Behandlungsbedarf in einer älter werdenden Gesellschaft.

„Die Zahl der Ärzte und Psychotherapeuten steigt zwar nach Köpfen deutlich, durch Anstellung und Teilzeit ist der Zuwachs jedoch geringer. Das heißt: Die Ressource Arzt bleibt knapp“, fasste Dr. Andreas Gassen, Vorstandsvorsitzender der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), die Entwicklungen der Ärztestatistik für 2020 zusammen. „Die Arztzeit wird weniger, obwohl es mehr Ärzte gib. Die Arztzeituhr läuft weiter rückwärts“, erläutert der stellvertretende Vorstandsvorsitzende Dr. Stephan Hofmeister.

Die Arztzeituhr

Um auf die sinkende Arztzeit aufmerksam zu machen, hat die KBV vor zwei Jahren eine digitale Stundenanzeige eingerichtet, die minütlich sichtbar zurückgeht. Mit diesem rückwärtslaufenden Countdown soll ein Signal gesetzt werden. Rein rechnerisch verschwinden mit jeder Minute insgesamt 474 Arztzeitminuten. Die Uhr steht im Gebäude der KBV in Berlin.

Rund eine Milliarde Arzt-Patienten-Kontakte im Jahr

Unabhängig von Corona kommt es in den Praxen zu rund einer Milliarde Arzt-Patienten-Kontakten pro Jahr. Für den stationären Bereich meldet das Statistische Bundesamt für das letzte Erhebungsjahr 2019 rund 19,4 Millionen Behandlungsfälle. Deutschland ist eine der ältesten Gesellschaften der Welt. Und in den kommenden Jahren ist mit einem weiteren Anstieg des Behandlungsbedarfs zu rechnen. Derzeit prognostiziert das Statistische Bundesamt bis zum Jahr 2040 eine Steigerung des Bevölkerungsanteils der über 67-jährigen um bis zu 42 Prozent.

Das gebremste Wachstum betrifft fast alle Bereiche der Gesundheitsversorgung: Bei den im Krankenhaus tätigen Ärztinnen und Ärzte gab es ein Plus von 2,3 Prozent (Vorjahr: +2,7 Prozent). Die Zahl der ambulant tätigen Ärzte stieg um 1,0 Prozent (Vorjahr: +1,6 Prozent). Am stärksten war der Einbruch des Wachstums in sonstigen Tätigkeitsbereichen (+1,3 Prozent; Vorjahr: +6,2 Prozent). Ein Lichtblick ist immerhin die Anzahl von Ärztinnen und Ärzten bei den Gesundheitsämtern, die im Jahr 2020 um 14 Prozent auf knapp 3.000 anstieg. Auch bei den Facharztanerkennungen fiel der Zuwachs im Jahr 2020 geringer aus. Er stieg lediglich um 0,6 Prozent (Vorjahr: +3,3 Prozent) auf knapp 14.000 an.

Geförderter Zuwachs in einzelnen Fachgruppen

Bei den einzelnen Fachgruppen kann ein deutlicher Zuwachs bei den Psychotherapeuten, Kinderärzten und Nervenärzten verzeichnet werden, so die KBV. Bei diesen Arztgruppen wurden im Jahr 2019 im Zuge der Bedarfsplanungsreform des Gemeinsamen Bundesausschusses neue Niederlassungsmöglichkeiten geschaffen. „Wir müssen weiterhin mehr Anreize für eine Niederlassung schaffen. Gerade in der Corona-Krise sehen wir einmal mehr, wie wichtig die ambulante Versorgung für das Gesundheitssystem ist“, so Dr. Stephan Hofmeister.

Immer weniger Hausärzte

Die Zahl der Hausärzte ist im Vergleich zum Vorjahr um 0,1 Prozent gesunken. Leichte Rückgänge gab es auch bei den Hautärzten und Anästhesisten. „Wir erkennen seit Jahren eine Abnahme der Hausärzte. Gerade diese Fachgruppe nimmt in der Versorgung eine zentrale Rolle ein, wie wir auch seit Beginn der Pandemie sehen können: Mehr als 90 Prozent der Covid-19-Patienten wurden und werden ambulant behandelt“, sagt Hofmeister.
In der Mund-Kiefer-Gesichtschirurgie sind derzeit 1.807 Ärztinnen und Ärzte tätig, davon 1.287 ambulant (1.096 niedergelassen, 191 angestellt), 455 in Kliniken und 26 in Behörden, vor allem als Sanitätsoffiziere, tätig.

Struktur der Ärzteschaft 31.12.2020 (Zahlen in Tausend)
Struktur der Ärzteschaft 31.12.2020 (Zahlen in Tausend)
Grafik: BÄK

Fast 50 Prozent Frauen, mehr Angestellte

Im Jahr 2020 nahmen 180.581 (2019: 177.581) Ärzte und Psychotherapeuten an der vertragsärztlichen Versorgung teil – davon 150.850 (2019: 149.710) Ärzte und 29.731 (2019: 28.116) Psychotherapeuten. Die Anzahl der Ärzte und Psychotherapeuten, die in Medizinischen Versorgungszentren und Praxen angestellt sind, hat sich weiter auf 42.631 (2019: 39.477) erhöht.
Der Frauenanteil steigt bei Ärzten und Psychotherapeuten kontinuierlich und erreicht fast 50 Prozent. KBV-Chef Gassen: „In einigen Fachgruppen bilden Frauen schon heute die weit überwiegende Mehrheit.“ Unter den Psychologischen Psychotherapeuten ist der Frauenanteil am höchsten: 76 Prozent sind weiblich.

Zuwanderung aus dem Ausland bringt etwas Entlastung

Für etwas Entlastung konnte die Zuwanderung aus dem Ausland sorgen, so die BÄK. So ist die Zahl der in Deutschland gemeldeten ausländischen Ärztinnen und Ärzte im Jahr 2020 um 6,8 Prozent (Vorjahr: +7,9 Prozent) auf rund 56.000 Personen gestiegen. Treibende Kraft waren dabei Ärzte aus Ländern außerhalb der EU (+11,1 Prozent; Vorjahr: 11,9 Prozent). Bei den Ärzten aus EU-Ländern war ein Plus von lediglich 1,5 Prozent zu verzeichnen (Vorjahr: +3,3 Prozent).

Weniger Ärzte wandern ab

Ebenfalls vorteilhaft wirkt sich der deutliche Rückgang der ins Ausland abwandernden Ärztinnen und Ärzte aus. Im Jahr 2020 wanderten mit knapp 1.700 Personen rund zehn Prozent weniger Ärzte ab als noch im Vorjahr. Insbesondere die Abwanderung von Ärzten mit deutscher Staatsangehörigkeit ging um rund 17 Prozent auf rund 900 Personen zurück. Die beliebtesten Zielländer waren, wie in den Vorjahren, die Schweiz und Österreich.

Anteil der Ärztinnen/Ärzte unter 35 Jahren
Anteil der Ärztinnen/Ärzte unter 35 Jahren
Quelle: BÄK

Stagnation bei den Jungen, Anstieg bei 60+

Sorge bereitet BÄK und KBV weiterhin die Entwicklung des Altersdurchschnitts der deutschen Ärzteschaft. So bestätigen die aktuell erfassten Zahlen die Tendenz zur Stagnation des Anteils der Ärztinnen und Ärzte unter 35 Jahre (19,1 Prozent; Vorjahr: 18,9 Prozent). Der Anteil der berufstätigen Ärztinnen und Ärzte, die das 60. Lebensjahr bereits vollendet haben, steigt kontinuierlich an. Knapp 34.000 Ärzte (8,2 Prozent aller berufstätigen Ärzte; Vorjahr: 8,0 Prozent) erreichten bereits das 66. Lebensjahr und somit das Renteneintrittsalter. Weitere knapp 52.000 berufstätige Ärzte (12,6 Prozent aller berufstätigen Ärzte; Vorjahr: 12,2 Prozent) sind zwischen 60 und 65 Jahre alt. Der Anteil der Ärzte, die sich mittlerweile im Ruhestand befinden, stieg im Vergleich zum Vorjahr um 4 Prozent an. Das Durchschnittsalter der Ärzte und Psychotherapeuten ist im Vergleich zum Jahr 2019 erstmals seit Längerem minimal gesunken: Von 54,25 auf 54,23 Jahre.

Weitere Informationen zur Ärztestatistik des Jahres 2020 bei der Bundesärztekammer und auf der Themenseite der KBV.

 

 

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