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Nur bis zu 4.500 Euro steuerfreier Zuschuss der Arbeitgeber möglich – weitreichende Folgen für die Zukunft der Berufe und der ambulanten Versorgung

(c) Jordi Mora/Shutterstock.com

Freiwillige steuerfreie Sonderzahlung vom Arbeitgeber, aber kein staatlich finanzierter Bonus: Der Deutsche Bundestag hat mit seinen Beschlüssen zum Corona-Steuerhilfegesetz und zum Pflegebonusgesetz die Leistungen der Medizinischen und Zahnmedizinischen Fachangestellten und in der ambulanten Versorgung wieder außen vorgelassen. Dass diese Beschlüsse weitreichendere Wirkung haben werden, machen der Verband medizinischer Fachberufe und der Hartmannbund deutlich.

Die Bundesregierung hat mit den Stimmen der CDU/CSU-Fraktion am 19. Mai 2022 im Bundestag das vierte Corona-Steuerhilfegesetz auf den Weg gebracht. Im parlamentarischen Verfahren wurde auf Empfehlung des Finanzausschusses die Steuerfreiheit von Sonderleistungen auf Beschäftigte in Einrichtungen im Gesundheitswesen ausgeweitet und der Betrag erhöht.

Bis zu 4.500 Euro steuerfreie Sonderzahlung

Somit können nach Inkrafttreten zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn von den Arbeitgeberinnen/Arbeitgebern in der Zeit vom 18. November 2021 bis zum 31. Dezember 2022 an ihre Beschäftigten zur Anerkennung besonderer Leistungen während der Corona-Krise steuerfreie Sonderzahlungen bis zu einem Betrag von 4.500 Euro ausgezahlt werden.

Voraussetzung für die Steuerbefreiung ist, dass die Beschäftigten in Einrichtungen im Sinne des Paragrafen 23 Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 bis 4, 8, 11 oder Nummer 12 des Infektionsschutzgesetzes oder des Paragrafen 36 Absatz 1 Nummer 2 oder Nummer 7 des Infektionsschutzgesetzes tätig sind. Damit ist der Weg frei für freiwillige Corona-Sonderzahlungen für Beschäftige in Einrichtungen für ambulantes Operieren, bestimmte Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen, Dialyseeinrichtungen, Arzt- und Zahnarztpraxen sowie Rettungsdienste.

Am selben Sitzungstag wurde zudem der Regierungsentwurf zum Pflegebonusgesetz diskutiert und mit den Stimmen der AfD und der CDU/CSU-Fraktion mit kleinen Korrekturen angenommen.  Der Antrag der CDU/CSU-Fraktion „Bonuszahlung für Leistung der Medizinischen Fachangestellten, Zahnmedizinischen Fachangestellten sowie Beschäftigten im Rettungswesen in der Corona-Pandemie – Nachhaltige Stärkung des Berufsbilds der Medizinischen Fachangestellten jetzt voranbringen“ wurde auf Grundlage der Beschlussempfehlung durch den Gesundheitsausschuss abgelehnt. Damit bleibt es beim staatlichen Bonus nur für Beschäftigte in der Pflege, der Gesetzesentwurf wurde nicht weiterentwickelt. Aber auch die wichtigen Anliegen zur vollumfänglichen Gegenfinanzierung der Tarifsteigerungen von Medizinischen Fachangestellten und zur Stärkung des Berufsbilds seien mit einem Federstrich vom Tisch gewischt worden, so der Verband medizinischer Fachberufe.

Nur freiwillige Zahlung der Arbeitgeber ohne Gegenfinanzierung

Hannelore König, Präsidentin des Verbands medizinischer Fachberufe
Hannelore König, Präsidentin des Verbands medizinischer Fachberufe
Foto: VmF
Dazu erklärte Verbandspräsidentin Hannelore König: „Medizinische und Zahnmedizinische Fachangestellte sitzen nun zwar beim freiwilligen arbeitgeberfinanzierten Corona-Sonderbonus in einem Boot mit den Beschäftigten in bestimmen Einrichtungen im Gesundheitswesen und im Rettungsdienst, sie werden aber bei der Stärkung ihres Berufsbildes ignoriert. Es bleibt zu hoffen, dass die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber in den Arzt- und Zahnarztpraxen die Leistungen ihrer Beschäftigten in der Pandemie mit entsprechenden steuer- und abgabefreien Sonderzahlungen im Laufe dieses Jahres honorieren. Kritisieren muss ich an dieser Stelle, dass die Zahlung – anders als bei den Pflegekräften – freiwillig ist und die Gegenfinanzierung fehlt.“

Einrichtungen des öffentlichen Dienstes, wie Kommunen, Renten- und Krankenversicherungen, werde die Zahlung vermutlich deutlich leichter fallen als privaten Einrichtungen, wie den Arzt- und Zahnarztpraxen, so König. „Die Situation der MFA und ZFA im Kleinbetrieb ohne Tarifbindung macht es nicht einfacher. Von der bisherigen Regelung zum arbeitgeberfinanzierten Sonderbonus hat in den zurückliegenden zwei Jahren lediglich jede/jeder zweite MFA (53 Prozent) und ZFA (54 Prozent) profitiert.“

MFA mussten auch Kommunikationsfehler der Politik ausbaden

Damit ignoriere die Bundesregierung erneut die großartigen Leistungen insbesondere der MFA, die seit März 2020 der Garant im Schutzwall vor den Kliniken waren und verhindert haben, dass die Kliniken überlaufen. Durch diesen unermüdlichen Einsatz seien ebenfalls Leben gerettet worden, denn die MFA hätten an der Seite der Ärztinnen und Ärzte zuletzt sogar 97 Prozent der Covid-19-Patienten behandelt, und zwar nicht nur in den Arztpraxen, sondern auch in der häuslichen Umgebung und in den Pflegeeinrichtungen. MFA hätten sich neben der normalen Versorgung, kurativ und präventiv, besonders um die chronisch kranken Menschen und ihre Angehörigen gekümmert. Sie hätten die Kommunikationsfehler der Verantwortlichen in der Politik und in den Institutionen ausgebadet und seien dafür sowie vieles mehr beschimpft und an den Rand ihrer Belastungsgrenze gebracht worden, schildert König. „Der Preis, den MFA für diesen unermüdlichen Einsatz zahlen, ist viel zu hoch, denn sie sind zum einen selbst häufig an Covid-19 erkrankt und leiden unter Long-Covid, zum anderen sind sie ausgebrannt und verlassen aufgrund der hohen Stressbelastungen ihren tollen Beruf als MFA.“

Wer soll die Patienten in der Praxis betreuen?

Diesen hohen Einsatz in der Pandemie für die Gesellschaft ignoriere die Bundesregierung mit ihrer fehlenden Weiterentwicklung des Pflegebonusgesetzes und lasse die MFA mit ihren Sorgen im Stich. Der Arbeitsmarkt sei faktisch leer, offene Stellen können nicht nachbesetzt werden. „Gleichzeitig schürt der Bundesgesundheitsminister ein erneutes Krisenszenario im Herbst mit der nächsten Welle. Offen bleibt, wer die Versorgung von mehr als 90 Prozent der COVID-19-Patienten übernehmen soll?“, fragt König. Dafür fehlten in den Arztpraxen schon jetzt die personellen Ressourcen.

„Eine Förderung der MFA und ZFA als Gesundheitsberuf habe ich in den Reden der Bundestagsabgeordneten bei den Regierungsfraktionen vermisst. Die Medizinischen Fachangestellten wurden zwar von vielen genannt und ihnen sogar persönlich gedankt, aber nicht eine konkrete Maßnahme genannt.“

Weiterentwicklung der Berufsbilder ebenfalls nicht beachtet

Da die MFA nach Berufsbildungsgesetz ausgebildet werden, bleiben sie bei der geplanten Weiterentwicklung der Gesundheitsberufegesetze außen vor, so König. Alle anderen Maßnahmen betreffen die Pflege. „Das ist richtig und wichtig. Aber auch die Rahmenbedingungen der MFA und ZFA müssen endlich verbessert werden. Auch MFA und ZFA haben Respekt und Gerechtigkeit verdient und das Recht auf eine Bezahlung, gemessen an ihrem Verantwortungsgrad für die Gesundheit von Menschen.“

Kein Gesundheitsberuf zweiter Klasse

König wurde deutlich „Wir sind kein Gesundheitsberuf zweiter Klasse und wir wollen uns mit unserer Expertise in der ambulanten Versorgung und unserer Sicht auf die Prozesse einbringen. Koordination und Kooperation ist die Zukunft und hier sind insbesondere Medizinische Fachangestellte schon jetzt Expertinnen in unserem Gesundheitswesen. Bei neuen Berufsbilden, wie Lotsen und Gemeindeschwestern, sollten die Schnittmengen zur MFA berücksichtigt werden, aber auch in der Digitalisierung und Entbürokratisierung sollten sie bereits bei der Planung und Entwicklung eingebunden werden. Ärztinnen und Ärzte vertrauen ihren MFA bei den hochkomplexen Versorgungsprozesse, wie auch Patienten ihren MFA und auch ZFA bei Fragen rund um die Gesundheit vertrauen.“

Auch die Pflege braucht MFA und ZFA

König weiter: „Wo bleibt das Vertrauen der Politik in die Leistungen der MFA und ZFA? Wir können auf keinen Menschen in der Pflege verzichten, aber auch Pflege braucht die MFA und ZFA in der ambulanten Versorgung. Zukünftige Versorgung geht nur gemeinsam, insbesondere unter den demographischen Herausforderungen und der bestehenden und steigenden Engpässe bei den Fachkräften und Experten im Gesundheitswesen.“

Unterstützung vom Hartmannbund

Der Hartmannbund halte an seiner Forderung nach einer Corona-Prämie für die Medizinischen Fachangestellten in den Praxen auch nach der jüngsten Ablehnung eines entsprechenden CDU/CSU-Antrages im Gesundheitsausschuss des Bundestages fest. Er sei sicher, so der Vorsitzende des Arbeitskreises „Ambulante Versorgung“ des Hartmannbundes, Dr. Marco Hensel, dass auch der Deutsche Ärztetag in dieser Woche in Bremen hier noch einmal eine klare Forderung formulieren werde. „Dabei geht es nicht nur um die finanzielle Anerkennung der Leistungen der Praxisteams, sondern auch um den Ausdruck des Respektes gegenüber einer Berufsgruppe, die – neben dem Krankenhauspersonal und den Pflegekräften in den Kliniken – einen entscheidenden Anteil an der Bewältigung der Corona-Pandemie hatte und noch immer hat. Deshalb dürfen wir da auch nicht lockerlassen“, sagte Hensel. Dass deren Engagement in der Patientenversorgung und bei der Impfkampagne bisher weder in der öffentlichen Wahrnehmung, geschweige denn in Form finanzieller Unterstützung durch die Politik angemessene Anerkennung gefunden habe, sei beschämend.

Fatales Signal für die ambulante Patientenversorgung

„Der Ausschluss der Medizinischen Fachangestellten von den Bonus-Zahlungen ist im Übrigen auch ein fatales Signal für die Zukunft der ambulanten Patientenversorgung“, warnte Hensel. Bereits derzeit sei es immer schwieriger, motivierte und kompetente Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für die Praxen zu gewinnen oder gut ausgebildete Kräfte zu halten. Die Funktionsfähigkeit vieler Praxen und damit auch die ambulante Patientenversorgung sei gefährdet. Dagegen müsse die Politik dringend arbeiten und entsprechende Signale an die Beteiligten senden.

 

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