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Die Mehrheiten für den neuen KZBV-Vorstand sind ein gutes Signal für die Selbstverwaltung und Freiberuflichkeit – ein Kommentar von Dr. Marion Marschall

(c) Quintessenz

Dr. Marion Marschall

Das Votum war überzeugend: Mit sehr großen Mehrheiten wurde der neue hauptamtliche Vorstand der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung für die 16. Legislaturperiode am 29. März 2023 in Berlin gewählt. Martin Hendges erhielt bei der Wahl zum Vorsitzenden des Vorstands sogar 56 der 57 abgegebenen und möglichen Stimmen. Das war auch ein starkes Signal für die Selbstverwaltung und die Freiberuflichkeit.

Damit wird ein sehr erfahrenes Team die Führung der obersten Vertretung der Vertragszahnärzteschaft übernehmen. Martin Hendges und Dr. Karl-Georg Pochhammer gehören dem KZBV-Vorstand schon seit einer Legislaturperiode an. Hendges wurde von seinem Vorgänger im Amt, Dr. Wolfgang Eßer, schon bei der Wahl 2017 als sein potenzieller Nachfolger eingeführt und in der vergangenen Legislaturperiode in allen Bereichen intensiv eingearbeitet. Beide verbindet eine lange gemeinsame standespolitische Geschichte aus Nordrhein, sie waren auf einer Wellenlänge unterwegs und konnten über die Corona-Pandemie hinweg bis zum Antritt der Ampel-Koalition im Dezember 2021 für die Zahnärzteschaft viel erreichen.

Eindeutiges Votum für Dr. Ute Maier

Sehr erfreulich ist das eindeutige Votum für die erste Frau im KZBV-Vorstand. Dr. Ute Maier ist im KZV- und auch im KZBV-Geschäft lange unterwegs, mit viel Erfahrung und Verhandlungsgeschick und nicht zuletzt Empathie. Die 50 Ja-Stimmen bei nur fünf Gegenstimmen und zwei Enthaltungen zeigen deutlich, dass sie nicht als die gesetzlich vorgeschriebene „Quotenfrau“ gewählt wurde, sondern wegen ihrer nachgewiesenen Expertise für dieses Amt.

Auch Pochhammer bekam eine klare, wenn auch nicht ganz so deutliche Mehrheit. Er hat mit dem ungeliebten Thema Digitalisierung und Telematikinfrastruktur einen schwierigen Geschäftsbereich, in dem Erfolge schon unter dem alten Bundesgesundheitsminister Jens Spahn nur schwer zu erreichen waren. Und er hat in seiner Doppelfunktion als Aufsichtsratsvorsitzender der ApoBank (deren Aufsichtsrat er schon lange angehört) eine weitere Aufgabe, die ihn angesichts der Turbulenzen im Bankvorstand und in der Neuausrichtung des Bankgeschäfts seit einem Jahr weiter zusätzlich fordern wird.

Das Haus gut aufgestellt

Der scheidende Vorstandsvorsitzende Dr. Wolfgang Eßer hat mit seinen beiden Kollegen das KZBV-Haus in doppeltem Sinne gut bestellt – sowohl im KZBV-Geschäft selbst als auch mit der laufenden Sanierung des Standorts in Köln. Mit der Amtsübernahme von Prof. Dr. Karl Lauterbach als Gesundheitsminister im Dezember 2021 allerdings weht den Zahnärzten in KZBV und Bundeszahnärztekammer ein höchst unfreundlicher Wind aus dem Bundesgesundheitsministerium ins Gesicht.

Lauterbach ist kein Freund der starken Selbstverwaltung

Lauterbach war nie ein Freund der Selbstverwaltung, der ambulanten Versorgung oder gar der Freiberuflichkeit. Das hat er früher als Berater der Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt und in seiner parlamentarischen Karriere mehr als einmal deutlich gezeigt. Und in der aktuellen Situation, wo ihm die von ihm selbst eingeführte Regelungen als nun erkenntliche Fehlentwicklungen auf die Füße fallen, und er angesichts der Vielzahl der Probleme nur noch zu irrlichtern scheint, wird es schwierig. Mit wissenschaftlich begründeten Konzepten für nachgewiesene Versorgungsbedarfe in der Bevölkerung, mit denen die KZBV und die Zahnärzteschaft in der Vergangenheit die Politik überzeugen konnten und viel für die Mundgesundheit und die Zahnarztpraxen erreicht haben, kommt man bei diesem Minister bislang nicht durch.

Lackmus-Test Dienstverträge

Der erste Lackmus-Test für das Verhältnis neuer KZBV-Vorstand – Minister werden die Dienstverträge der neu gewählten Vorstände sein. Das Bundesgesundheitsministerium will dem Vernehmen nach Neuverträge in der Selbstverwaltung schlechter stellen als Altverträge. Wenn das so stimmt, könnte das dazu führen, dass ausgerechnet die neue Frau im Vorstand, die die Ampel gesetzlich durchgesetzt hat (dass sie auch ohne diese Vorgabe vermutlich kandidiert hätte und sicher auch gewählt worden wäre, sei hier nur am Rande angemerkt), nun mit einem schlechteren Vertrag ausgestattet würde. Die KZBV-Vertreterversammlung als höchste Vertretung der Vertragszahnärzte soll sich in der nichtöffentlichen Sitzung klar gegen dieses Ansinnen positioniert haben.

Der neue Vorstand hat also keine leichten Zeiten vor sich, die nächsten GKV-Reformgesetze, die Krankenhausreformen und nicht zuletzt die Digitalisierungsstrategie und die daraus folgenden Gesetze lassen viele Belastungen, Unausgegorenes und Undurchführbares für die Praxen erwarten. Und auch die Verhandlungen mit dem GKV-Spitzenverband werden in Zeiten leerer Kassen und wegen der Auswirkungen der Budgetierungen für die Jahre 2023 und 2024 nicht einfach werden. Hinzu kommen die Veränderungen in der Vertragszahnärzteschaft, mit mehr angestellten Zahnärztinnen und Zahnärzten, dem Ausscheiden der Babyboomer aus den Praxen, ersten unterversorgten Gebieten und den Begehrlichkeiten der Fremdinvestoren, denen die Politik am Ende wohl nur halbherzig Einhalt gebieten wird.

Starker Zusammenhalt der VV und der KZVen entscheidend

In dieser komplexen Gemengelage ist der neue Vorstand umso mehr darauf angewiesen, dass die KZBV-Vertreterversammlung und die Kassenzahnärztlichen Vereinigungen in den Ländern mitziehen, ihren Mitgliedern Lage und Sachverhalte vermitteln und alle mögliche Unterstützung zukommen lassen, sich gegenüber den Landesregierungen stark machen. Ob es vor diesem Hintergrund gut ist, dass so viele Kammervorstände bis hin zum Präsidenten der Bundeszahnärztekammer Mitglied der KZBV-VV und Kammerpräsidenten zugleich KZV-Vorstände sind, darf man kritisch hinterfragen. KZV-Vorstand und Kammerpräsident sind heute keine Aufgaben mehr, die man mal so eben neben der eigenen Praxis erledigt.

Mehr junge Zahnärztinnen und Zahnärzte in die VV

Und vielleicht könnte sich der eine oder andere ältere Standespolitiker, der jetzt neu in der KZBV-VV sitzt, doch im Lauf der Legislaturperiode dazu durchringen, seinen Delegiertensitz an eine jüngere Kollegin oder einen jüngeren Kollegen abzutreten. Denn es geht um die Zukunft der jungen Zahnärztinnen und Zahnärzte, um ihre Arbeit für die Mundgesundheit der Menschen in diesem Land.

Dr. Marion Marschall, Berlin

 

Quelle: Quintessence News Politik Nachrichten med.dent.magazin

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