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Assistenzarzt-Umfrage 2021 des Hartmannbunds – Arbeitsbedingungen, Ökonomisierung und Digitalisierung

(c) SeventyFour/Shutterstock.com

Eine repräsentative Umfrage des Hartmannbunds unter 1.258 Ärztinnen und Ärzten in Weiterbildung macht deutlich, wie schwierig und unbefriedigend die Arbeitsverhältnisse im Gesundheitssektor vielfach noch immer sind.

Mehr als 70 Prozent der Befragten gaben an, trotz Tarifvertrags mindestens 45 Wochenstunden oder mehr zu arbeiten, bei fast jedem Zweiten werden die Überstunden dabei nach wie vor nicht angemessen dokumentiert. Vor allem für die 2. Corona-Welle gaben mehr als 50 Prozent an, dass die Arbeitsbelastung zugenommen habe.

Die dadurch entstehende hohe Arbeitsbelastung hat zur Folge, dass etwa 36 Prozent der jungen Ärztinnen und Ärzte über einen Berufswechsel nachdenken, während fast 56 Prozent sich eine Teilzeitstelle wünschen – um auf eine normale 40- beziehungsweise 42-Stunden-Woche zu kommen.

Neben Teilzeitmodellen, die die Vereinbarkeit von Familie und Beruf erlauben, wünschen sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer vor allem eine Entlastung von nicht-ärztlichen Tätigkeiten, die Einhaltung der Arbeitszeitgesetze, weniger Profitorientierung im Behandlungskontext und strukturierte Weiterbildungskonzepte.

Ausbildung im Alltag oft vernachlässigt

„Ein Befragter hat in der Umfrage seinen Chef mit dem Satz zitiert, ‚Ausbildung ist in der DRG nicht abgebildet‘. Das zeigt, wie problematisch die wirtschaftliche Ausrichtung unseres Gesundheitssystems inzwischen geworden ist. Nicht nur, dass wir jungen Ärztinnen und Ärzte aufgrund des Personalmangels über die Belastungsgrenze hinaus eingesetzt werden, auch unsere Weiterbildung wird vernachlässigt. Dies kann sich langfristig negativ auf die Versorgungsqualität auswirken“, erklärt Dr. Theodor Uden, Sprecher des Assistenzärzte-Ausschusses im Hartmannbund.

Treffend fasst auch ein weiteres Zitat aus der Umfrage den Sachstand zusammen: „Niemand erwartet von der Feuerwehr, der Müllabfuhr oder dem Wasserwirtschaftsamt Profite zu generieren und ihr Handeln vordringlich an ökonomischen Kriterien auszurichten.“

Ökonomischer Druck, zu wenig Zeit für Patienten

Tatsächlich gaben über 47 Prozent der Umfrage-Teilnehmer an, den ökonomischen Druck bei der täglichen Arbeit zu spüren. Mehr als 60 Prozent der Befragten erklärten, sie hätten nur „manchmal bis nie“ zufriedenstellend viel Zeit für ihre Patienten. „[Ich] bekomme Zettel in die Patientenakte gelegt, bei welcher Aufenthaltszeit die Klinik plus macht und wann minus“, lautet exemplarisch einer der unzähligen Kommentare in den Freitextantworten.

Unzufrieden mit der ineffizienten Digitalisierung

Neben Arbeitsbedingungen und Ökonomie war ein weiteres Kapitel der Umfrage dem wichtigen Thema Digitalisierung gewidmet. Ungefähr 60 Prozent der Teilnehmerinnen und Teilnehmer gaben an, dass ihre Arbeitsplätze zwar weitgehend digitalisiert wären, allerdings so ineffizient, dass Mehrfachdokumentationen an der Tagesordnung seien. Eine elektronische Patientenakte ist bei der Hälfte der Befragten nicht vollständig vorhanden. Infolgedessen übersteigt der Dokumentationszeitraum an einem regulären Arbeitstag überwiegend den Zeitraum mit Patientenkontakt. Sicherlich auch deshalb erklären über 80 Prozent, dass ihnen Digitalisierung im Arbeitskontext wichtig oder sogar sehr wichtig sei.

Neue digitale Anwendungen kaum bekannt

Trotzdem haben fast 99 Prozent der Befragten bisher keine digitalen Gesundheitsanwendungen (DiGa) verschrieben. Ca. 60 Prozent davon kennen DiGa nicht, 18 Prozent wissen nicht, wie sie die digitalen Medizinprodukte verschreiben können. „Hier braucht es unbedingt mehr Aufklärung – nicht nur auf ärztlicher Seite, sondern auch auf der Patientenebene“, stellt Dr. Dr. Galina Fischer, ebenfalls Sprecherin des Assistenzärzte-Ausschusses, fest.

Öffentlicher Gesundheitsdienst nicht im Fokus

Mehr Aufklärung scheint auch in Hinblick auf den öffentlichen Gesundheitsdienst notwendig zu sein. Über 70 Prozent gaben an, nur wenig bis gar kein Wissen über den ÖGD zu haben. Als potenziellen Arbeitgeber ziehen etwa 44 Prozent die Behörde in Erwägung, primär wegen der besser geregelten Arbeitszeiten und des reduzierten ökonomischen Drucks. Gegen eine Beschäftigung beim ÖGD sprechen für die andere Gruppe das mangelnde Ansehen, dass mit dieser Beschäftigung einhergeht, die Bürokratie und das im Vergleich deutlich geringere Gehalt.

An der Umfrage nahmen 1.258 Ärztinnen und Ärzte in Weiterbildung teil, rund 71 Prozent weibliche und 28 Prozent männliche Teilnehmende. Das Durchschnittsalter betrug 30 Jahre. Alle Ergebnisse der Umfrage sind auf der Internetseite des Hartmannbunds eingestellt.

Quelle: Hartmannbund med.dent.magazin Politik Nachrichten

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