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Studie Inside Heilberuf: Wunsch nach weniger Bürokratie und mehr Zeit für den Patienten

Wer heute Medizin, Zahnmedizin oder Pharmakologie studiert, blickt skeptischer auf seine berufliche Zukunft als noch vor einigen Jahren. Bei den bereits selbstständig oder angestellt tätigen Heilberuflern nimmt vor allem bei den Frauen die Zufriedenheit ab. Und für alle Heilberufler ist die Bürokratie eines der Hauptprobleme im Beruf.

Diese und weitere Einblicke in die Bedürfnisse, Perspektiven, Werte, Ziele und Wünsche hat die Deutsche Apotheker- und Ärztebank (ApoBank) in ihrer jüngsten Studie „Inside Heilberuf“ bereits zum zweiten Mal erhoben.

Familienleben mit Abstand vor der beruflichen Karriere

Die Priorität bestätigt sich: Für 93 Prozent der Befragten gehören Familie und Partnerschaft zu den wichtigsten Bereichen im Leben. Finanzielle Sicherheit und Altersvorsorge bleiben eine wichtige Basis und haben mit 87 Prozent im Vergleich zur letzten Erhebung (2016: 85 Prozent) leicht an Bedeutung dazu gewonnen. Insgesamt bleiben Kriterien wie Vermögensbildung (59 Prozent), Eigentum (58 Prozent) oder berufliche Karriere (46 Prozent) nachrangig.

Nachhaltiger Lebensstil wird wichtiger

Mit 65 Prozent nimmt das Thema nachhaltiger Lebensstil und Umweltschutz in der aktuellen Umfrage an Relevanz zu (2016: 60 Prozent). Besonders hoch fallen hier die Werte (74 Prozent) bei den Apothekern aus. Menschen heilen und helfen ist nach wie vor mit 83 Prozent eins der wichtigsten Anliegen der Heilberufler und rangiert auf der Werteskala sogar noch vor den Kriterien wie eigene Gesundheit (79 Prozent) und Freizeit (77 Prozent).

Ein Drittel der Selbständigen plant den Ruhestand

Nach den Vorhaben für die nächsten drei Jahre gefragt, nennt ein Drittel der niedergelassenen Heilberufler die Vorbereitung auf den Ruhestand. Für jeden vierten bedeutet das, sich um die Abgabe der eigenen Praxis oder Apotheke zu kümmern. Für die Angestellten hingegen steht in den nächsten Jahren vorwiegend Kindererziehung auf der Agenda. 26 Prozent planen einen Stellenwechsel oder einen Karrieresprung – dabei denkt fast jeder fünfte Angestellte an die Selbständigkeit.

Kindererziehung wird für Männer relevanter

Im Geschlechtervergleich zeigen sich bei den Themen rund um Familie und Kinder gegenüber der ersten Befragungswelle einige Verschiebungen: Nur noch für 18 Prozent der Frauen steht Familiengründung in den kommenden drei Jahren an (2016 waren es 27 Prozent). Auch Kindererziehung wird mit 27 Prozent von den befragten Frauen seltener genannt (2016: 31 Prozent). Bei Männern dagegen ist der Anteil derer, die sich in der nahen Zukunft ihren Kindern widmen wollen, von 16 Prozent auf 20 Prozent gestiegen.

Mehr Freiraum und Flexibilität, weniger Administration

Mit 90 Prozent bleibt der Wunsch nach weniger Dokumentation, Verwaltungsarbeit und staatlicher Regulierung vorherrschend. Dem gegenüber steht das große Bedürfnis nach mehr Zeit für den Patienten (66 Prozent). Höheres Einkommen steht ebenfalls oben auf der Rangliste: Mit 81 Prozent wird dieser Wunsch deutlich häufiger von angestellten als von selbständigen (70 Prozent) Heilberuflern genannt. Außerdem gehören mehr Freiheit und Flexibilität bei der Arbeitszeitgestaltung (63 Prozent) sowie mehr Unabhängigkeit bei beruflichen Entscheidungen (61 Prozent) zu den wichtigsten Anliegen.

Hoher Bedarf an Fortbildungen bei Angestellten

Die Befragung zeigt auch, dass unter den Heilberufen das Bedürfnis nach mehr Fortbildung herrscht. In der Gesamtbewertung gehört der Wunsch zu den Top-Five, doch ein Blick auf den beruflichen Status offenbart deutliche Unterschiede: Angestellte Heilberufler signalisieren mit 64 Prozent einen viel höheren Bedarf als Selbständige mit 29 Prozent. Auch im Geschlechtervergleich ist der Wunsch nach mehr Fortbildung unterschiedlich ausgeprägt: Bei Frauen hätten 58 Prozent gerne mehr davon, bei Männern sind es lediglich 37 Prozent.

Für die Studie wurden im Auftrag der ApoBank im August 2019 500 Heilberufler, darunter Apotheker, Ärzte, Zahnärzte sowie Medizin-, Zahnmedizin- und Pharmaziestudenten durch das Institut DocCheck Research befragt. Die Stichprobe setzt sich zu gleichen Anteilen aus angestellten und selbstständigen Berufstätigen zusammen. Rund ein Viertel der Angestellten arbeitet im Krankenhaus. Die Studie kann hier abgerufen werden.


Differenzierte Sicht auf die Digitalisierung

An den Themen digitales Datenmanagement und innovative Gesundheitsleistungen scheiden sich die Geister, ein Vergleich zwischen Ärzten, Zahnärzten und Apothekern zeigt, dass die Einstellung zu digitalen Anwendungen über alle Heilberufsgruppen hinweg ambivalent ist: Ob mehr oder weniger innovative digitale Leistungen beziehungsweise digitales Datenmanagement benötigt werden – darüber gehen die Meinungen auseinander.


Quelle: ApoBank

Insgesamt gehört aber das Thema Digitalisierung für jeden vierten Heilberufler zu den vordringlichen Herausforderungen im Gesundheitswesen. Vor allem Studenten sehen darin eine große Baustelle. Ein Blick auf die einzelnen Berufsgruppen verrät, dass insbesondere Apotheker (27 Prozent) und Fachärzte (26 Prozent) hier viel Nachholbedarf sehen. Doch für nur 14 Prozent der befragten Zahnärzte ist das Thema akut.

Nur noch 56 Prozent der Studierenden sehen gute Perspektiven

Die Zufriedenheitswerte mit dem beruflichen Umfeld haben gegenüber 2016 um 7 Prozentpunkte abgenommen, wenngleich die Mehrheit (55 Prozent) weiterhin zufrieden ist. Dies sei ein Zeichen dafür, dass es schwieriger wird, die eigenen Vorstellungen und Wünsche zu verwirklichen. Vor allem Frauen sind weniger zufrieden, ihre Werte sanken seit 2016 von 63 auf 52 Prozent. „Das ist ein Warnsignal, denn immer mehr Frauen ergreifen den Heilberuf, fühlen sich aber offenbar mit dem beruflichen Alltag im Schnitt weniger wohl als die Männer“, heißt es in der Auswertung.


Quelle: ApoBank

Bei den studierenden Heilberuflern ist die Differenz allerdings besonders groß: Während 2016 noch 71 Prozent mit ihren beruflichen Aussichten zufrieden waren, sind es 2019 nur noch 56 Prozent. Richtig pessimistisch beurteilen die Situation jedoch nur 12 Prozent der Studenten, ein Drittel blickt neutral in die Zukunft der Heilberufer.

Zahnärzte mit niedrigster Empfehlungsrate

Entsprechend sind auch die Raten der Weiterempfehlung des Berufs an junge Menschen gesunken. Die niedrigste weisen die Zahnärzte auf (41 Prozent), aber auch Ärzte schauen weniger optimistisch in die Zukunft. Apotheker schätzen dagegen die Aussichten für ihre Profession deutlich besser ein (45 Prozent) als noch vor drei Jahren (2016: 37 Prozent).


Quelle: ApoBank

Studenten wünschen sich Zeit für die Patienten

Genug Zeit für den Patienten zu haben steht ganz oben auf der Wunschliste der angehenden Heilberufler. Noch in der Lehre und hochmotiviert, legen sie außerdem großen Wert auf Fort- und Weiterbildung. Zu den drei wichtigsten Anliegen für die berufliche Zukunft gehören auch genug Freiheit und Flexibilität bei der Arbeitszeitgestaltung. Erst danach folgt der Wunsch nach einem hohen Einkommen. Mit 23 Prozent ist der Wunsch nach Sicherung des Gesundheitswesens als Solidarsystem deutlich weniger relevant als 2016 (36 Prozent).


Quelle: ApoBank

Wohnen und arbeiten eher in der Stadt

Geht es darum, wo man wohnen und arbeiten möchte, ist die Präferenz bei den Studierenden ganz klar: Sie wollen in der Großstadt arbeiten und auch leben. Das Land lockt sie nicht. Bei den Angestellten und Selbstständigen stehen die die Großstadt, die Mittelstadt und auch die Kleinstadt zum Arbeiten und Leben ähnlich gut da. Das Leben auf dem Land ist für alle Gruppen ähnlich interessant, nur als Arbeitsort fällt es deutlich ab. Der Anteil derer, die sich das Leben auf dem Land vorstellen können, hat sogar im Vergleich zu 2016 um 4 Prozentpunkte zugenommen – der Anteil derer, die dort auch gerne dem Beruf nachgehen würden, aber geringfügig abgenommen. Beliebt sind vor allem die mittelgroßen Städte, sei es zum Leben, sei es zum Arbeiten. Für die Niederlassung sind große Städte offenbar am beliebtesten, für die Angestellten sind eher mittelgroße Städte attraktiv.

Schlussfolgerungen für die Bank


Ulrich Sommer, Vorstandsvorsitzender der ApoBank, auf der Hauptversammlung 2019 in Düsseldorf (Foto: ApoBank)

Ulrich Sommer, Vorsitzender des Vorstands der apoBank: „Diese sinkende Zufriedenheit und das Zögern bei der Weiterempfehlung des Heilberufs deuten auf eine gewisse Verunsicherung hin, wie sich der Gesundheitsmarkt künftig entwickeln wird. Angesichts der anstehenden Veränderungen, die durch die Fülle an Gesetzen, den ökonomischen Druck und die Digitalisierung im Gesundheitswesen getrieben werden, ist das nicht verwunderlich. Und gerade deshalb ist es besonders wichtig, dass wir uns genauer anschauen, wie die zentralen Leistungsträger des deutschen Gesundheitssystems leben und arbeiten wollen. Laut unserer Studie ist es vor allem eine Arbeitsumgebung, die Familie und Privatleben als oberste Priorität respektiert, die mehr Zeit für den Patienten und weniger für die Bürokratie vorsieht, und eine flexible und freie Arbeitszeitgestaltung zulässt. Darauf sollten wir Rücksicht nehmen, denn um hohe Qualität der Gesundheitsleistungen für alle zu sichern, brauchen wir engagierte und qualifizierte Menschen, die gerne als Ärzte, Zahnärzte oder Apotheker arbeiten. Mit unserer Umfrage identifizieren und priorisieren wir die Werte, Wünsche und Ziele der Heilberufler. Die Ergebnisse liefern wertvolle Impulse für uns und all diejenigen, die neue Lösungen für eine zukunftsfähige Gesundheitsversorgung unterstützen und mitgestalten wollen.“

Titelbild: Africa Studio/Shutterstock.com
Quelle: ApoBank med.dent.magazin Praxisführung Politik

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