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Direktes Weichgewebemanagement mit Cerasorb Foam und I/A-PRF

Im Fall einer Implantatplanung ist der Erhalt des Weichgewebes sowie des Knochens für den funktionellen und ästhetischen Langzeiterfolg von essenzieller Bedeutung. Diese Aspekte der Behandlung haben in den vergangenen Jahren erheblich an Bedeutung gewonnen und sind immer mehr integraler Bestandteil der täglichen Praxis. Dabei ist nicht nur der Zeitpunkt für eine Implantation und Weichgewebeausformung von Bedeutung, sondern auch die Maßnahmen im Vorfeld der geplanten Therapie. Mit einer gezielten Strategie kann man bereits präimplantologisch günstige Voraussetzungen generieren. Dr. Haki Tekyatan beschreibt in seinem Beitrag für Quintessenz – das Magazin 1/22 den Einsatz von synthetischen Knochenregenerationsmaterialien wie Cerasorb Foam, die in Kombination mit Thrombozytenkonzentraten (I-/A-PRF) seit einigen Jahren immer mehr an Bedeutung gewinnen. Durch diese „Biologisierung“ von Knochenregenerationsmaterialien für das Alveolenmanagement verspricht man sich einen stabilen Erhalt der Alveole beziehungsweise des Knochens unter Förderung der Wundheilung.

Dieser Beitrag wurde erstmals veröffentlicht in unserem „Quintessenz – das Magazin“, dem jüngsten Spross aus der Familie der etablierten Quintessenz Fachpublikationen. Die interdisziplinäre Zeitschrift verknüpft Produkt- und Firmeninformationen mit dem wissenschaftlichen Content der Quintessenz Medien. Das Magazin erscheint vierteljährlich. Neben diversen Produkt- oder Firmeninformationen sorgen adäquate Abstracts von Fachartikeln aus unseren Medien für den wissenschaftlichen Impact und die Evidenz der vorgestellten Themen.

Ausgangssituation und erste Schritte

Eine gesunde 55-jährige Patientin stellte sich in unserer Praxis mit einem nicht erhaltungswürdigen Zahn 12 vor. Bukkal war die Situation klinisch unauffällig. Der Patientin war lediglich eine Lockerung der Krone aufgefallen, beziehungsweise, dass diese sich leicht dreht. Auch berichtete sie über Schmerzen beim Aufbeißen. Radiologisch zeigte sich, dass der Zahn endodontisch behandelt und mit einem Metallstift versorgt war. Dabei wurde eine Dislokation des Stiftaufbaus von der Krone sowie eine tiefe Fraktur festgestellt und die Patientin entsprechend aufgeklärt (Abb. 1 und 2).

Im Anschluss erfolgte wenige Tage später die schonende atraumatische Extraktion des Zahns 12 mit dem Ziel, die Alveolenwände möglichst zu erhalten. Hierfür wurden spezielle Periotome und das Klack Instrumenten- Set (Geistlich Biomaterials) eingesetzt (Abb. 3 und 4).

Maßnahmen zum Knochenerhalt

Da eine Implantatversorgung geplant war, wurde schon im Vorfeld entschieden und die Patientin darüber aufgeklärt, entsprechende Maßnahmen für den Knochenerhalt durchzuführen. Der Zustand der Alveole post extractionem ist ein wichtiges Kriterium für die Entscheidungsfindung, welches Behandlungsprotokoll eingesetzt werden soll, das heißt, welches Knochenersatzmaterial mit welchen resorptiven Eigenschaften am sinnvollsten und wann der beste Zeitpunkt für die Implantation ist. In diesem Fall konnte der Alveolarknochen zirkulär in allen Richtungen sehr gut erhalten werden. Die Entscheidung fiel auf eine verzögerte Sofortimplantation und in diesem Zusammenhang auf den Einsatz eines schnell resorbierbaren und zügig in körpereigenen Knochen umbau­fähiges Knochenregenerationsmaterial. Es wurde eine Socket Preservation mit der β-Tricalciumphosphat-Kollagenmatrix Cerasorb Foam durchgeführt, welche im Vorfeld mit I-PRF (Thrombozyten-und Fibrinkonzentrat) biologisiert wurde (Abb. 5).

In hydriertem, biologisiertem Zustand lässt sich Cerasorb Foam bei maximal leichter Kompression hervorragend formen und an die Alveolenwände adaptieren (Abb. 6 und 7).

Provisorische Versorgung/Gewebeausformung

Das Augmentat wurde mit einem komprimiertem A-­PRF (PRF Plug) krestal abgedeckt und versiegelt (Abb. 8). Die Stabilisierung erfolgte anhand einer Kreuznaht. Eine dichte Abdeckung mit der Socket Seal Methode und einem Gewebepunch ist hier nicht notwendig (Abb. 9). Es erfolgte die provisorische Versorgung der Lücke mit einer Interimsprothese, die basal als Pontic gestaltet wurde, um das Weichgewebe entsprechend auszuformen (Abb. 10).

Abschließend erfolgte eine radiologische Nachkontrolle. Hierbei ist die optimale defektfüllende und nahezu struktur­identische Darstellung des Cerasorb Foam zu beachten (Abb. 11). Nach der Behandlung zeigte sich in der Verlaufsbeobachtung eine völlig reizlose, stabile und vor allem schmerzfreie Heilung, sodass bereits nach drei Wochen die präimplantologische Planung mittels Digitaler Volumentomographie (Orthophos 3D XG, Dentsply Sirona) erfolgen konnte (Abb. 12 und 13).

Navigierte Implantation

Um die gewünschte dreidimensionale Achsausrichtung des Implantats in der vertikalen, mesio-distalen und in der oro-vestibulären Position zu erreichen, wurden die DVT/DICOM­Datensätze über einen gesicherten Zugang an ein externes Planungszentrum (Dedicam, Camlog Vertriebs GmbH) versendet und dort eine Schablone (Camlog Guide, SMOP, Swissmeda) für die geführte Implantation hergestellt (Abb. 14).

Die Wahl fiel auf ein Implantat aus der Progressive Line Serie (Camlog Progressive Line 3,8/13, Camlog GmbH). Dieses Implantat gewährleistet aufgrund seines progressiven Gewindedesigns eine ausreichend hohe Primärstabilität. Sechs Wochen nach Extraktion und Socket Preservation wurde die Implantation in Regio 12 unter Lokalanästhesie als verzögerte Sofortimplantation durchgeführt. Die Schnittführung erfolgte krestal und es wurde ein minimal­invasiver Lappen gebildet. Die Schablone wurde platziert und mit dem Camlog Guide System sowie dem Bohrerset 3,8 in mehreren Schritten in die Tiefe bis zur geplanten Länge von 13 mm präpariert. Zum Abschluss erfolgte die geführte Implantation mit einem Drehmoment von 25 Ncm² (Abb. 15 und 16).

Nach der finalen Positionierung des Implantats (Abb. 19) wurde der Einbringpfosten entfernt und entsprechend des Durchmessers des Implantats ein PEEK Scankörper (Camlog) mit einem Durchmesser von 3,8 gewählt und eingesetzt (Abb. 18).

Im Anschluss daran wurden das Implantat und die Kiefer intra-operationem gescannt (Medit i500Kulzer; Software Medit Link) und die Position des inserierten Implantats bereits festgelegt (Abb. 19).

Einheilphase und finale Restauration

Während der Einheilphase des Implantats erfolgte die weitere Verarbeitung der Scans für die weitere Planung (Abb. 22a bis c). Das Ziel dieser Maßnahme war es, in so wenig Schritten und so effektiv wie möglich das Weichgewebe auszuformen und die finale Restauration herzustellen (Abb. 20a bis c).

Die Erfahrung zeigt, dass es wichtig ist, so wenige Ein-­ und Ausdrehmomente wie möglich umzusetzen, um das peri­implantäre Hart- und Weichgewebe zu schonen und zu stabilisieren. Dies ist eine Voraussetzung für den implantologischen Langzeiterfolg, der mithilfe des Behandlungsprotokolls umgesetzt und realisiert werden konnte. Nach dem Scannen wurde der Scankörper herausgedreht, die Einheilkappe aufgesetzt, das OP-Gebiet zur geschlossenen Einheilung dicht vernäht und ein OPG (Orthophos 3d XG, Dentsply Sirona) angefertigt (Abb. 21).

Nach einer Einheilungsphase von drei Monaten erfolgte bei stabilen Hart- und Weichteilverhältnissen und reizlosem Heilungsverlauf die Freilegung des Implantats unter Lokalanästhesie. Die Schnittführung erfolgte bei ausreichender quantitativer Weichgewebesituation krestal. Daraufhin wurde während der Einheilphase bei dem externen Planungszentrum (Dedicam, Camlog) ein neuartiger Gingivaformer aus PEEK bestellt und eingesetzt. Dieser Gingivaformer besteht aus einem Stück und muss nicht weiterverarbeitet werden, wodurch mögliche Fehlerquellen und potenzielle Verunreinigungen minimiert werden.

Das Weichgewebe wurde mittels einer Aufhängungsnaht nach koronal adaptiert und die Wundränder wurden zu den Nachbarzähnen hin mittels vertikal modifizierter Rückstichnähte fixiert (Abb. 22). Abschließend erfolgte eine Röntgenkontrolle und der Interimsersatz wurde entsprechend an die neue Situation angepasst. Mit dem individuellen Gingivaformer und seinem entsprechenden Durchtrittsprofil wurde das Weichgewebe binnen drei Wochen direkt ausgeformt – noch während der Einheilzeit. Es waren keine weiteren Behandlungsschritte, Abformungen, Maßnahmen etc. notwendig. Dies verkürzt nicht nur das Behandlungsprotokoll, sondern verhindert auch, dass das Weichgewebe unter Stress gesetzt wird. Auf dem Zahnfilm kann die Position des Gingivaformers derzeit noch nicht kontrolliert werden, da dieser nicht röntgenopak ist. Die korrekte Position der Befestigungsschraube ist aber deutlich erkennbar. Im Vordergrund stand in diesem Fall das Implantat selbst, die Knochen- und Geweberegeneration und die Kontrolle der Einheilung des Implantats nach drei Monaten. Es zeigte sich eine homogene und durchgehende knöcherne Ausheilung des Implantatlagers.

Nach einer Einheilzeit von knapp drei Monaten erfolgte die definitive Versorgung des Implantats in Regio 12. Es wurde eine CAD/CAM-gestützt gefertigte anatomisch verkleinerte Zirkonoxidkrone keramisch vollverblendet. Bei dem Aufbau handelte es sich um ein individualisiertes Zirkonoxidabutment, dass laborseitig mit der Titanbasis verklebt worden war. Die Implantatkrone wurde nach dem Aufschrauben des Zirkonoxidabutments auf diesem Abutment mit Zement definitiv befestigt. Im Anschluss an die definitive Versorgung erfolgte die Röntgenabschlusskontrolle. Da die Krone unmittelbar nach dem Individualisieren eingesetzt wurde, ist im weiteren Verlauf approximal mit einem weiteren ästhetischen Remodelling der periimplantären Mukosa zu rechnen. Insgesamt zeigte sich ein reizloses, ästhetisch ansprechendes und zufriedenstellendes Ergebnis (Abb. 23 bis 25).

Fazit

Die Versorgung in der Frontzahnregion gehört in der Implantologie zu den größten Herausforderungen. Die Ansprüche und Erwartungshaltung der Patienten in der ästhetischen Zone sind sehr hoch.

Um diesen Erwartungen gerecht zu werden und um ein ästhetisch voraussagbares sowie prognostisch sicheres ästhetisches Langzeitergebnis zu erzielen, ist es wichtig, den Erhalt des Weichgewebes sicherzustellen. Aufwendige Augmentationen des Knochens und der Weichgewebe sollten, wenn möglich, vermieden und die Gewebe sollten nach der Implantation nicht unter Stress gesetzt werden.

Präventive vorausschauende und minimalinvasive Maßnahmen helfen uns dabei, Knochen und Weichgewebe zu erhalten. Im vorliegenden Fall wurden anhand einer schonenden Extraktionstechnik, einem der Situation angepasstem Alveolenmanagement, mittels der durch das LSCC (Low Speed Centrifugation Concept) Verfahren biologisierten β-Tricalciumphosphat-Kollagenmatrix Cerasorb Foam, verzögerter Implantation sowie eines direkten Weichgewebemanagements nach der Freilegung (mithilfe eines vorgefertigten individuellen Gingivaformers) in der ästhetischen Zone implantiert. Der Fall zeigt, wie man in präventiven, verkürzten und effizienten Behandlungsschritten in der ästhetisch relevanten Zone ausreichend dimensionierte und gestaltete Hart­ und Weichgewebeverhältnisse für eine Implantatversorgung erzielen kann.

Take Home Messages

  • Wenn nach der Zahnextraktion keine regenerativen Maßnahmen ergriffen werden, ist nach 12 Monaten ein durchschnitt­licher Knochenverlust von bis zu 60 Prozent wahrscheinlich.
  • Der Kieferkammerhalt im ästhetischen Bereich mit Cerasorb Foam in Kombination mit I-/A-PRF sorgt für ein vorhersagbares und zuverlässiges Langzeitergebnis hinsichtlich der Knochen- und WeichgewebE­regeneration.
  • In hydriertem, biologisierten Zustand lässt sich die Kollagenmatrix Cerasorb Foam unter maximal leichter Kompression hervorragend formen und an die Alveolarwände anpassen.
  • Die Implantatinsertion wurde sechs Wochen nach Extraktion und Kieferkamm­er­halt mit Cerasorb Foam durchgeführt. Nach einer Einheilzeit von knapp drei Monaten erfolgte die definitive Versorgung des Implantats.

Ein Beitrag von Dr. Haki Tekyatan, Simmern

Quelle: Quintessenz – das Magazin 1/22 Implantologie Ästhetische Zahnheilkunde

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