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Therapeutisches Vorgehen am Beispiel zweier Behandlungsfälle


Prof. Brigitte Wendl

Das Auftreten multipler überzähliger Zähne ohne systemische Erkrankung ist ein seltenes Ereignis und erfordert eine interdisziplinäre Zusammenarbeit. Die Autoren um Prof. Brigitte Wendl zeigen in ihrem Beitrag für die Kieferorthopädie 4/18 den Behandlungsablauf bei zwei Brüdern mit einer Klasse-III-Symptomatik und 10 beziehungsweise sieben überzähligen sowie retinierten Zähnen.

Einleitung

Die Ätiologie des Auftretens überzähliger Zähne ist nicht vollständig geklärt. Es existieren verschiedene Theorien, die von genetischen Dispositionen über Keimteilungen bis zur Hyperaktivität der Zahnleiste reichen1. Die Prävalenz wird bei Milchzähnen mit 0,8 Prozent und bei bleibenden Zähnen mit 2,1 Prozent angegeben2, wobei das Erscheinungsbild unterschiedlich sein kann (einfach, multiple, uni-bilateral, nicht durch­gebrochene oder eruptierte überzählige Zähne)3. Der Häufigkeit nach handelt es sich in 76 bis 86 Prozent der Fälle um einfache, in 12 bis 23 Prozent um doppelte und in weniger als 1 Prozent um multiple überzählige Zähne4. Die Mehrzahl der überzähligen Zähne sind im vorderen Oberkieferbereich lokalisiert5, gefolgt von Unterkiefer-Prämolaren und Molaren. 

Während im Milchzahngebiss keine geschlechtsspezifische Verteilung existiert, sind im bleibenden Gebiss Männer mit einer Ratio 2:1 häufiger be­troffen6,7.

Sehr oft sind überzählige Zähne mit anderen Erkran­kungen beziehungsweise mit Syndromen kombiniert (Cleidocraniale Dysplasie, Gardners Syndrom, Lippen-Kiefer-Gaumenspalten)5.

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Das Vorkommen multipler überzähliger Zähne ohne systemische oder syndromale Erkrankungen ist ein selten auftretendes Ereignis. In der Literatur sind nur sechs Fälle mit familiärem Auftreten von überzähligen Zähnen ohne systemisches Krankheitsbild oder Syndrome bekannt. Beurteilt nach ihrer Form können vier verschiedene Typen (konische, höckrige, supplementäre-Duplikationsform und das Odontom) unterschieden werden8, wobei die konische Form mit 70 Prozent die häufigere Variante ist5. In der Arbeit von Esenlik et al.9 konnte gezeigt werden, dass 74 Prozent der diagnostizierten überzähligen Zähne impaktiert waren. Die Autoren führen den verzögerten Durchbruch beziehungsweise die spätere Impaktion auf das verlangsamte Wurzelwachstum und die später engeren Platzverhältnisse zurück.

Mögliche Folgen beim Auftreten überzähliger Zähne sind Zystenbildungen, Verlagerungen, Eng­stand und verzögerter Durchbruch bis zur Impaktion und Wurzelresorption permanenter Zähne8.

In dieser Arbeit werden zwei Behandlungsfälle – ein Brüderpaar mit überzähligen und retinierten Zähnen – sowie das interdisziplinäre Behandlungskonzept beschrieben.

Kieferorthopädische Diagnose und Befunderhebung

Fall 1 ist ein 16 Jahre alter männlicher Patient mit mandibulärer Pro- und maxillärer Retrognathie sowie beidseitigem Kreuzbiss. Dental bestand ein verkehrter Überbiss im Frontzahnbereich und eine Klasse-III-Verzahnung um 3/4 Prämolarenbreiten (Abb. 1 und 2).

Aus dem Panoramaröntgen und dem Computertomogramm (Abb. 3 und 4) ließ sich eine Doppelanlage beider Oberkiefer Incisivi, eine rudimentäre zusätzliche Keimanlage 15, ein Zahn 19, ein überzähliger Unterkieferfrontzahn, eine Dreifachanlage beider Unterkiefer 5er sowie eine Doppelanlage des Zahns 34 ermitteln. Alle Oberkieferfrontzähne, alle Eckzähne sowie die Zähne 34 und 35 waren retiniert (insgesamt 10 retinierte Zähne). Ansonsten zeigte der CT-Befund unauffällige Kiefergelenke und keine ossären Destruktionen oder Osteolysen.

Fall 2 zeigt den jüngeren Bruder (11 Jahre ), bei dem es sich auch um ein Klasse-III-Syndrom mit mandibulärer Pro- und maxillärer Retrognathie und Kreuzbiss im Molarenbereich handelt. Dental bestand ein verkehrter Überbiss und eine Klasse-III-

Verzahnung um eine ½ Prämolarenbreite (Abb. 5). Im Oberkiefer zeigte sich im Panoramaröntgen eine Doppelanlage beider zentralen Schneidezähne, des Zahns 14 sowie ein Mesiodens. Der Zahn 21 war retiniert. Im Unterkiefer waren auf der rechten Seite die zweiten Prämolaren doppelt und auf der linken Seite dreifach angelegt (Abb. 6).

Behandlungsziele

Fall 1

  • Operative Entfernung der überzähligen Zähne und der Milchzähne in Allgemeinanästhesie.
  • Freilegung und Bekleben der retinierten Zähne mit anschließender Einreihung.
  • Korrektur der transversalen Diskrepanz durch konventionelle Oberkieferexpansion.
  • Chirurgische Korrektur des verkehrten Über­bisses beziehungsweise der sagittalen Diskrepanz.

Fall 2

  • Operative Entfernung der überzähligen Zähne und der Milchzähne in Allgemeinanästhesie.
  • Freilegung und Bekleben des retinierten Zahns 21 mit anschließende Einreihung.
  • Korrektur der transversalen Diskrepanz durch konventionelle Expansion.
  • Chirurgische Korrektur des verkehrten Über­bisses beziehungsweise der sagittalen Diskrepanz.

Behandlungsalternativen

Die transversale Diskrepanz bei Fall 1 könnte auch mit einer Le Fort-1-Operation in zwei Teilen gelöst werden. Diese Operation ist aber mit einem höheren chirurgischen Aufwand und höherer Rezidivneigung verbunden.

Im Zuge der Entfernung der überzähligen Zähne in Allgemeinanästhesie könnten auch einige der retinierten Zähne entfernt werden und später eine Implantatversorgung der fehlenden Zähne erfolgen. Dies wäre durch die ohnedies notwendige kiefer­orthopädische Therapie mit der Möglichkeit der Einreihung freigelegter Zähne nicht vertretbar gewesen.

Eine chirurgische Korrektur der sagittalen Diskrepanz bei Patientenfall 1 war aufgrund des Ausmaßes und des Alters notwendig.

Bei Patientenfall 2 wäre auch eine maxilläre Protraktion mit einer knochengetragenen Verankerung (Miniplatte) und Klasse-III-Elastics, wie an mehreren Patientenbeispielen von Hugo De Clerk10 gezeigt, möglich gewesen. Auch eine Hybrid-Hyrax-Mentoplatte11 in Kombination mit Klasse-III-Elastics wäre eine Option gewesen. Diese wurde vom Patienten abgelehnt. 

Eine konventionelle Gesichtsmaskentherapie war aufgrund der dentalen Verhältnisse (Durchbruch und Einreihung der Prämolaren und Eckzähne sowie des retinierten Frontzahns nach chirurgischer Entfernung der Doppelanlage) nicht indiziert.

Kieferorthopädische Behandlung

Fall 1

Beim älteren Patienten wurde der beidseitige Kreuzbiss durch transversale Dehnung mit einem Haas-Gerät mit angelöteten Häkchen, zwecks Befestigung von Gummizügen zur Einreihung der retinierten Zähnen, überstellt (Abb. 5). Nach Entfernung der palatinal liegenden Doppelanlagen der Zähne 11 und 21, der rudimentären Keimanlage 15 sowie der Milchzähne 53 bis 63, erfolgte die Freilegung und das Kleben von Goldkettchen an den Zähnen 13, 12, 11, 21, 22 und 23. Dieser chirurgische Eingriff wurde in Allgemeinnarkose durchgeführt.

Die Einreihung der retinierten, beklebten Zähne (Abb. 6 und 7) wurde mittels Elastics und Zugfedern geplant. Zuerst sollte die Extrusion der zentralen Oberkieferinzisivi mit Zugfedern gegen das Haas-Gerät durchgeführt werden. Anschließend sollten die lateralen Inzisivi, ebenfalls mit Abstützung gegen das Haas-Gerät, eingereiht werden. Dabei wurden leichte Kräfte von 60 bis 90 Ncm eingesetzt, da das Risiko für Wurzelresorptionen vor allem bei den Oberkieferfrontzähnen höher ist. Die Eckzähne im Ober- und Unterkiefer sollten gegengleich mit elastischen Gummizügen extrudiert werden. 

Aufgrund einer bestehenden Dilazeration wurde der im Unterkiefer ganz links stehende Frontzahn ex­trahiert. Zudem erfolgte die Extraktion der restlichen Milchzähne und der lingual liegenden überzähligen Prämolarenkeime im Unterkiefer rechts und links. In derselben Sitzung wurden die bleibenden retinierten Eckzähne und Prämolaren 34 und 45 mit einem Goldkettchen beklebt, um diese nachfolgend mittels „closed eruption“ einzuordnen. Die bleibenden ersten Molaren und damit auch der erforderliche Platz in der seitlichen Stützzone wurden mit einem Unterkiefer-Lipbumper gehalten. 

Nach erfolgreicher Einreihung aller bleibenden Zähne und Herstellung zweier harmonischer Zahnbögen war eine Le Fort-I-Osteotomie in Allgemeinanästhesie geplant. Diese kieferorthopädisch-kiefer­chirurgische Kombinationstherapie war aufgrund des Alters und Schweregrads der skelettalen Fehlstellung notwendig.

Fall 2

Beim jüngeren Patienten erfolgte die Kreuzbissüberstellung mit einem Transpalatinalbügel mit Prämolarenarmen und Häkchen (Abb. 7). Bei der operativen Freilegung des Zahns 21 wurde dieser in derselben Sitzung mit einem Kettchen beklebt. Auch hier sollte die Einreihung mittels „closed eruption“ mit Zug­richtung gegen das Häkchen am Transpalatinalbügel erfolgen. Die überzähligen Zähne wurden chirurgisch entfernt und die Milchzähne bis auf 65, 75 und 85 extrahiert. Es erfolgte ein Oberkieferteilbonding mit Frontzahnbrackets 11, 53, 22 und Einbringen einer leichten Druckfeder 11 bis 22. Nach Lückenöffnung für den Zahn 21 erfolgte dessen Extrusion mit einem elastischen Faden in die vorgesehene Zugrichtung. Anschließend kam eine Overlay-Mechanik (Abb. 8 und 9) zur Anwendung. Im Unterkiefer wurde ein Lipbumper zum Halten der ersten Molaren bis zum Durchbruch aller bleibenden Zähne eingesetzt (s. Abb. 6). Nach erfolgtem Bekleben der restlichen Zähne wurde die transversale Breite weiterhin mit einem Transpalatinalbogen abgestützt und die Lücken mit entsprechenden Distanzröhrchen offen gehalten (Abb. 10 und 11).

Ergebnis

Fall 1

Beim älteren Patienten konnte nach postoperativer Feineinstellung eine Klasse-I-Verzahnung und ein harmonisches Profil erreicht werden (Abb. 16 bis 18).

Fall 2

Da beim jüngeren Patienten das Wachstum noch nicht abgeschlossen war, erfolgte nach Herstellung zweier harmonischer Zahnbögen eine Schienen­retention (Abb. 19). Diese Haltephase wird bis zur geplanten orthognathen Operation belassen (Abb. 20).

In beiden Fällen waren die parodontalen Ver­hältnisse gut, die befestigte (attached) Gingiva nahezu normal konfiguriert beziehungsweise nur minimalst verkürzt.

Im Abschlusspanoramaröntgen waren geringe Wurzelresorptionen und Dilazerationen der eingereihten (zuvor impaktierten) Zähne zu erkennen (Abb. 18). Die Prognose derselben ist dennoch als sehr günstig einzustufen. 

Diskussion

Bei multiplen überzähligen Zähnen gibt es im Milchzahngebiss keine geschlechtsspezifische Verteilung. Im bleibenden Gebiss sind Männer, wie auch in unse­ren Fällen, zweimal häufiger als Frauen be­troffen6. Die in diesem Fallbericht vorgestellten Patienten stammen von einer chinesischen Mutter. Laut Literaturangaben kommen Zahnanomalien bei Menschen aus dem asiati­schen Raum häufiger vor8. 

Mesiodentes sind als überzählige Zähne sehr häufig zu finden, die Inzidenz von überzähligen Zähnen in der Unterkieferfront liegt hingegen nur bei 0,01 Prozent12. In unserem Fall war sogar ein überzähliger Unterkieferfrontzahn vorhanden. 

Die Indikationen für die Entfernung oder für weiter­es Monitoring ohne Entfernung überzähliger Zähne sollten bestimmten Kriterien (verzögerter Durchbruch bleibender Zähne, Resorptionen, Verlagerung von Zähnen, nachfolgende kieferorthopädische Behandlung) folgen5. Di Biase13 zeigte, dass 75 Prozent der Schneidezähne spontan nach Entfernung der über­zähligen Zähne durchgebrochen sind. Die Eruption dauerte im Durchschnitt 18 Monate, vorausgesetzt, genügend Platz war verfügbar. Witsenburg und Boering14 haben eine deutlich niedrigere spontane Durchbruchsrate von 54 Prozent beschrieben und ein routine­mäßiges Bekleben des bleibenden Zahns mit einer Kette beim chirurgischen Eingriff empfohlen. Das erfolgreiche Einreihen retinierter Zähne ist von folgenden Faktoren abhängig:

  • Position und Ausrichtung des impaktierten Zahns,
  • Fortschritt der Wurzelausbildung,
  • Grad der Dilazeration,
  • ausreichender Platz für den einzureihenden impaktierten Zahn15.

In den beschriebenen Fällen war ohnedies aufgrund der Klasse-III-Symptomatik eine kieferorthopädische Behandlung notwendig und bei bereits bestehender Wurzelformation eine entsprechende Zugkraft erforderlich. Deshalb wurden nach Entfernung der überzähligen Zähne die retinierten bleibenden Zähne in der selben Sitzung mit einer Goldkette beklebt, um diese postoperativ kieferorthopädisch einzureihen.

Eine gute radiologische und klinische Diagnostik (hier: Panoramaaufnahme und Computertomografie) sind für den Behandlungsplan entscheidend. Alternativ wäre auch eine digitale Volumentomografie (DVT, Cone Beam CT) möglich gewesen. Diese radio­logischen Diagnosemöglichkeiten standen zum Zeitpunkt der Planung nicht zu Verfügung. Raupp et al.16 beschrieben den erfolgreichen Einsatz von CT-Dia­gnostik bereits bei einem fünf Jahre alten Mädchen. Die Planung und Ausführung des chirurgischen

Eingriffs sowie die Operationszeit und der postoperative Verlauf können durch exakte Diagnostik wesent­lich verbessert werden. Die genaue radiologische Diagnostik ist für Fälle mit überzähligen Zähnen eine conditio sine qua non. Die retinierte Lage kann erhebliche Probleme bereiten, vor allem, wenn wie in diesem Fall überzählige und retinierte Zähne vorliegen. Die Lage der Zähne zu den Nachbarwurzeln ist für die Extraktionsentscheidung der überzähligen Zähne oder für deren Einreihung nach chirur­gischer Freilegung von großer Bedeutung. Es sollte schon präoperativ der Bewegungsvektor festgelegt werden, entlang dessen die Extrusion und die anschließende Einreihung erfolgen soll. Die Autoren des Beitrags haben sich aufgrund der multiplen retinierten Zähne, des Patientenkomforts, der besseren parodontalen Langzeitergebnisse und wegen der sofort anschließenden kieferorthopädischen Behand­lung für eine „closed eruption“ entschieden17. Aber auch die gingivalen und anatomischen (haupt­sächlich bukkalen) Lageverhältnisse der retinierten Zähne waren weitere Gründe, diese Art der Frei­legung und Einreihung zu wählen18. 

Für die chirurgische Entfernung der überzähligen Zähne, besonders in der Unterkiefer-Prämolaren­region, werden bestimmte Stadien bevorzugt: vollständige Zahnentwicklung, vollständige Krone mit stattfindender Wurzelausbildung, komplette Kronen­formation19. Im vorliegenden Fall wurde die Extraktionsentscheidung nach dem Stadium der Wurzel­ausbildung und der Möglichkeit zur Einreihung getroffen. Es wurden in erster Linie Zahnkeime und Zähne mit nicht altersgerechter Wurzelausbildung entfernt. In der Arbeit von Esenlik et al.9 konnte weni­ger Wurzelbildung bei den überzähligen Prämolaren verglichen zu den normalen Nachbarzähnen festgestellt werden. Diese hatten alle eine supplementäre Form.

Eine interdisziplinäre Zusammenarbeit bei komplexen kieferorthopädischen Behandlungen ist für den Behandlungserfolg unumgänglich. In diesem Fall waren intensive chirurgische Planungsgespräche, Extraktionsentscheidungen, ein entsprechendes präoperatives Set-up und die Splint­herstellung für die Le Fort-I-Osteotomie notwendig.

Bei Patientenfall 2 wäre auch eine maxilläre Protrak­tion mit einer knöchernen Verankerung und Klasse-III-Gummizügen möglich gewesen. De Clerk et al.10 beschreiben in ihrer Arbeit skelettale und Weichteilveränderungen der maxillären Strukturen von 4 mm und Unterkieferveränderungen von 2 mm mittels Einsatz von knochenverankerten Miniplatten und Klasse-III-Gummizügen.

Insgesamt kann eine Behandlungsintervention aufgrund überzähliger Zähne zu den bekannten inter­zeptiven kieferorthopädischen Frühbehandlungen20 gezählt werden, zumal die Prognose für die aktive Einordnung retinierter Zähne bei noch nicht abgeschlossener Wurzelentwicklung günstiger ist.

Obwohl in der Anamnese kein familiäres Auftreten von überzähligen Zähnen beschrieben wurde, scheint eine genetische Disposition gerade in diesem Fall (Geschwisterpaar) sehr wahrscheinlich zu sein. Batra et al.21 postulieren in ihrer Arbeit eine auto­somal dominante Transmission. Dennoch, das abnorme Auftreten überzähliger Zähne folgt keinen einfachen Mendelschen Erbgesetzen13, sehr wohl aber das Klasse-III-Syndrom. Ob zwischen Klasse-III- Syndrom und überzähligen Zähnen eine Korrelation besteht, konnte in der Literatur nicht eruiert werden.

Schlussfolgerung

An diesen Beispielen konnten durch interdisziplinäre Zusammenarbeit eine Normalverzahnung erreicht und Spätschäden (Zystenbildungen, Impaktion und Wur­zel­resorption permanenter Zähne) vermieden werden. Zudem konnten zwei selbstbewusste junge Herren aus der Behandlung (Fall 1) beziehungsweise in eine Behandlungspause (Fall 2) entlassen werden.

In Fällen von verzögertem Zahndurchbruch bezie­hungsweise einer Retention bleibender Zähne sollte auf jeden Fall an das Vorhandensein über­zähliger Zähne gedacht sowie entsprechende dia­gnostische und therapeutische Behandlungsschritte überlegt werden.

Literatur auf Anfrage über news@quintessenz.de


Ein Beitrag von Univ. Prof. PD Dr. Brigitte Wendl, PD Dr. em. Alfred Peter Muchitsch, Ass. Prof. Dr. med. univ. Margit Pichelmayer, Prof. Dr. em. Helmut Dorschl, alle Graz, Österreich, Prof. Dr. Gert Santler, Klagenfurt, Österreich, Dr. Astrid Truschnegg und Prof. Dr. Norbert Jakse, beide Graz, Österreich

Quelle: Kieferorthopädie, Ausgabe 4/18 Kieferorthopädie Zahnmedizin

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