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Diskussionsbeitrag des Masterkurses „Parodontologie und Implantattherapie“ der DG Paro und DIU

Ausschnitt einer Panoramaschichtaufnahme mit röntgenologisch sichtbarer Stent­implantation in der rechten A. carotis interna.

Parodontale Erkrankungen sind eine der häufigsten entzündlichen Erkrankungen des Menschen. Kardiovaskuläre Erkrankungen (KVE) stellen die häufigste Todesursache in Deutschland dar. Beide Erkrankungsformen stehen schon seit Längerem im Verdacht, sich gegenseitig zu beeinflussen. Ein direkter Beweis dieses Zusammenhangs ist jedoch methodisch schwierig und bisher wissenschaftlich nicht existent. Die Autoren Dr. Kay-Arne Walther et al. zeigten in ihrem Beitrag des Masterkurses – Modul IV der DG Paro und der DIU mögliche Zusammenhänge anhand der aktuellen Literatur auf und diskutierten diese. Der Beitrag wurde in der Parodontologie 4/20 veröffentlicht.

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Kardiovaskuläre Erkrankungen (KVE) umfassen im weiteren Sinn alle Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems und gehen vom Gefäßsystem und/oder vom Herzen aus. Die primäre Ursache ist die Atherosklerose des Gefäßsystems. In Deutschland können nach aktuellen Zahlen des Statistischen Bundesamtes knapp 40 Prozent aller Todesfälle auf KVE zurückgeführt werden, wobei KVE mit 46,4 Milliarden Euro in Deutschland die prozentual höchsten Krankheitskosten (13,7 Prozent) verursachten1. Bei Kindern und jungen Erwachsenen sind dafür insbesondere angeborene Herzfehler verantwortlich, während bei Erwachsenen die koronare Herzkrankheit (KHK), der Myokardinfarkt, Herzklappenfehler und die infektiöse Endokarditis Hauptmanifestationen sind.

Seit mehr als 100 Jahren vermutet man einen Zusam­menhang zwischen Parodontitis und KVE2. Aktuelle wissenschaftliche Konzepte und Behandlungsstrategien besagen, dass die parodontale Entzündung und das parodontale Mikrobiom zu einer systemischen Gesamtbelastung beitragen. Dies führt zu einer früheren Manifestation und Progression von chronischen Entzündungs­krankheiten3. Zusätzlich wird auch eine frühere Manifestation und Progression der Parodontitis durch systemische Erkrankungen angenommen, wie beispielsweise bei Diabetes mellitus4−6. In diesem Zusammenhang wird von einem „bidirektionalen Zusammenhang“ (Abb. 1) gesprochen7. Zurzeit gibt es eine Vielzahl von Studien, die eine Assoziation zwischen chronisch-entzündlichen Erkrankungen und Parodontitis zeigen. Jedoch sollte die Frage gestellt werden, wie valide diese Assoziationen im Hinblick auf das komplexe human­biologische System sind und ob es Kau­salitäten gibt. Um diese Fragen zu beantworten, orientierten wir uns an der „Disease Association Checklist“7. Für den wissenschaftlichen Beleg eines kausalen Zusammenhangs zwischen zwei Erkrankungen müssen formal folgende Kriterien erfüllt sein:

  • starke Assoziation,
  • biologische Plausibilität,
  • Parodontitistherapie führt zur Remission der systemischen Erkrankung,
  • Therapie der systemischen Erkrankung führt zur Remission der Parodontitis.

Mit der Fragestellung eines Zusammenhangs zwischen Parodontitis und KVE haben sich bisher ausschließ­lich Beobachtungsstudien beschäftigt. Zu diesen epidemiologischen Studientypen zählen Kohortenstudien, Querschnittsstudien und Fall-Kontroll-Studien. Die Ergebnisse mehrerer Studien wurden in Metaanalysen zusammen­gefasst. So zeigten Blaizot et al. in einer der größten zu­sam­menhängenden Metaanalysen mit 22 Fall-Kontroll- und Querschnittsstudien einen schwachen Zusammenhang zwischen KHK und Parodontitis (OR = 2,35)8. Weitere Metaanalysen zur Verknüpfung von KVE mit Parodontitis stellten, je nach Studientyp, ebenfalls eine schwache Assoziation (OR = 1,1–2,7) dar9,10 (Tab. 1).

 

Tab. 1 Zusammenhang zwischen Parodontitis und kardiovaskulären Erkrankungen.
Tab. 1 Zusammenhang zwischen Parodontitis und kardiovaskulären Erkrankungen.

Die einzelnen Studien weisen methodisch starke Unterschiede auf und zahlreiche Confounder (Störfaktoren) erschweren eine Vergleichbarkeit auf Erkrankungsebene11, da es sich zum Teil um prospektive Kohortenstudien, aber auch um retrospektive Untersuchungen handelt. Des Weiteren bestehen Variationen in den Einteilungen der Diagnosen und Schweregrade der jeweiligen Parodontitiden und KVE sowie Unterschiede in den Gesundheitssystemen und ethnisch-geografische Differenzen.

Externe Risikofaktoren wie Rauchen, Alter, männliches Geschlecht, Adipositas, Diabetes mellitus, Alkoholkonsum und Stress erschweren zusätzlich die Vergleichbarkeit. Zudem werden die verschiedenen Risikofaktoren in den verfügbaren Studien unterschiedlich berücksichtigt, korrigiert oder gewichtet. Umgekehrt sind diese Risikofaktoren gleichzeitig auch mit parodontalen Erkrankungen assoziiert12.

Bis heute ist nicht eindeutig geklärt, ob bei einem Patienten mit einer Parodontitis und einer KVE beide Erkrankungen unabhängig voneinander auftreten oder ein Kausalzusammenhang besteht (Abb. 1)13,14.

Abb. 1 Parodontitis und kardioavaskuläre Erkrankungen: Zwei unterschiedliche Erkrankungen oder zwei sich gegenseitig beeinflussende Erkrankungen? Welche Rolle hierbei Entzündungsreak­tionen (vermittelt  u. a. durch Zytokine und Akut-Phase- Proteine) und Infektionen (u. a. durch parodontopathogene Bakterien, bakterielle Toxine, „Keystone“-Bakte­rien und Dysbiose) spielen, ist ebenfalls nicht eindeutig geklärt.
Abb. 1 Parodontitis und kardioavaskuläre Erkrankungen: Zwei unterschiedliche Erkrankungen oder zwei sich gegenseitig beeinflussende Erkrankungen? Welche Rolle hierbei Entzündungsreak­tionen (vermittelt u. a. durch Zytokine und Akut-Phase- Proteine) und Infektionen (u. a. durch parodontopathogene Bakterien, bakterielle Toxine, „Keystone“-Bakte­rien und Dysbiose) spielen, ist ebenfalls nicht eindeutig geklärt.

Pathogenese und Entzündung

Beide Erkrankungen entstehen durch entzündliche Prozesse, die bei einer Parodontitis primär durch einen bakteriellen Biofilm ausgelöst werden15,16. Eine KVE wird nach der „response to injury“-Hypothese von Russell Ross (1973) durch eine Verletzung der Intima verursacht17. Diese Schädigung kann unter anderem durch ein Trauma wie eine chronische Hypertonie, aber auch durch molekulare Substanzen wie bakterielle Toxine und immunologische Entzündungsmediatoren initiiert werden18,19. Darüber hinaus gibt es zurzeit keine allgemein anerkannten diagnostischen Risikomarker für KVE. Jedoch konnten eine Reihe von Surrogatparametern, wie beispielsweise die Intima-Media-Dicke der Karotis, die flussvermittelte Dilatation, Serum-Biomarker wie High-Density-Lipoprotein (HDL) und Low-Density-Lipoprotein (LDL), die Konzentration an Cholesterin, der Entzündungsmarker C-reaktives Protein (CRP), der HbA1c-Wert sowie der systolische/diastolische Blutdruck, ermittelt werden.

Therapie zur Entzündungsremission

Bei der Pathogenese der Parodontitis scheint es einen bidirektionalen Zusammenhang zu geben: Der bakterielle Biofilm ist der Kausalfaktor für die Entzündung und durch die Entzündung kommt es zur Umwandlung eines kommensalen Biofilms in einen dysbiotischen Biofilm20. Anschließend ist die Entzündungsantwort des Wirts der entscheidende Faktor in der weiteren Manifestation und Progression einer Parodontitis. Daher sollte das Ziel „controlling the inflammation to control the infection” sein. Ein möglicher Therapieansatz zur Remission der Entzündung sind Omega-3-Fettsäuren wie Resolvine, die im Fischöl enthalten sind21,22. Die Resolvin-Produktion im Körper wird beispielsweise durch Aspirin angeregt23.

Für Atherosklerose-Studien eignen sich Kaninchen sehr gut, weshalb sie seit mehr als 100 Jahren bei der Grundlagenforschung der KVE eine wichtige Rolle spielen24. In einer Studie der Arbeitsgruppe um Prof. Van Dyke wurden Kaninchen einer „westlichen“ cholesterinreichen Ernährung unterzogen. Außerdem wurde bei einem Teil der Tiere eine Parodontitis induziert. Bei der Parodontitisgruppe waren Ausmaß und Tiefe der atherosklerotischen Läsionen deutlich stärker ausgeprägt als bei den Tieren ohne Parodontitis. Dadurch konnte diese Studie nachweisen, dass eine unbehandelte Parodontitis die entzündlichen Veränderungen der Gefäße und die Entstehung von atherosklerotischer Plaque begünstigt. In einem weiteren Studienteil wurde die Parodontitisgruppe topisch-oral mit Resolvin E1 behandelt. Anschließend konnte eine deutliche Remission der Parodontitis und der Atherosklerose in den Gefäßwänden beobachtet werden. Die topisch-orale Applikation von Resolvin E1 bei parodontal gesunden Kaninchen unter cholesterinreicher Ernährung zeigte ebenfalls eine Remission der athero­sklerotischen Läsionen in den Gefäßwänden25.

In einem ähnlichen Studiendesign wurde durch die Gabe von Resolvin E226 und Resolvin D227 der Knochenstoffwechsel beeinflusst. Nachdem bei Mäusen eine Parodontitis induziert wurde, kam es nach der Applikation von Resolvin zu einer verringerten RANKL-Expression und zu einer erhöhten Osteoprotegerin-Expression. Dadurch konnte ein Alveolarknochenverlust trotz induzierter Parodontitis verhindert werden.

Eine aktuelle Metaanalyse untersuchte den Effekt auf Entzündungsmarker von Patienten mit KVE, die täglich mindestens 1.000 mg Omega-3-Fettsäuren einnahmen. Für einige Entzündungsmarker wie LDL konnte ein positiver Effekt nachgewiesen werden. Andere Entzündungsmarker wie Tumornekrosefaktor-α (TNF-α) wurden nicht beeinflusst. Insgesamt ist die bisherige Datenlage sehr heterogen, weshalb die Autoren keine valide Aussage über den Effekt von Omega-3-Fettsäuren auf Entzündungsmarker treffen konnten. Es wird jedoch ein positiver Zusammenhang angenommen28.

Vaskuläre Parameter

Eine Möglichkeit zur Diagnostik einer endothelialen Dysfunktion ist die Quantifizierung der flussvermittelten Dilatation („flow mediated dilation“) peripherer Arterien, wie zum Beispiel der Arteria brachialis, mittels hochauflösendem Ultraschall29. Durch dieses Verfahren können auch Rückschlüsse auf die Funktion der Herzkranzgefäße gezogen werden30. Tonetti et al. ermittelten mithilfe eines Interventionsstudiendesigns die Auswirkungen einer antiinfektiösen Therapie auf die flussvermittelte Dilatation bei Parodontitispatienten. Bei der ersten Patientengruppe erfolgte ein intensives supra- und subgingivales Debridement, wohingegen bei der zweiten Patientengruppe nur ein supragingivales Debridement durchgeführt wurde. Vor der Therapie wiesen beide Patientengruppen vergleichbare vaskuläre Parameter auf. 24 Stunden nach dem intensiven supra- und subgingivalen Debridement verschlechterte sich die flussvermittelte Dilatation und verschiedene Entzündungsparameter stiegen an, was auch in anderen Studien beobachtet wurde31,32. Anschließend korrelierte zu verschiedenen Messzeitpunkten bis zu einem halben Jahr nach der Therapie die Remission der parodontalen Parameter mit einer deutlichen Verbesserung der flussvermittelten Dilatation in der ersten Patientengruppe31.

Die Arbeitsgruppe um Prof. Schlagenhauf untersuchte weitere arterielle Gefäßparameter wie die Pulswellengeschwindigkeit, den Augmentationsindex sowie die Pulsdruckverstärkung bei Parodontitispatienten und bei einer gesunden Kontrollgruppe. Dabei wiesen Parodontitispatienten bei allen Gefäßparametern eindeutig schlechtere Werte auf33. Nach einer antiinfektiösen Parodontitistherapie kam es auch bei diesem Kollektiv zu einer deutlichen Verbesserung der arteriellen Gefäßparameter34. Damit deuten die Studien einen Zusammenhang zwischen parodontalen Entzündungsprozessen und einem erhöhten kardiovaskulären Risiko bei Parodontitispatienten sowie einen günstigen Einfluss einer Parodontitistherapie auf Gefäßparameter an.

Inflammatorische Marker

Von besonderer Bedeutung ist der CRP-Wert. Er ist bei Atherosklerose erhöht und fungiert als Prädiktor für Myokardinfarkte und Schlaganfall35. Aber auch bei Patienten mit Parodontitis ist der CRP-Wert erhöht36−38 und korreliert mit dem Schweregrad der Parodontitis39. In den ersten 24 Stunden nach einer „full mouth disinfection“ kann ein starker Anstieg des CRP-Wertes beobachtet werden31,32, der nach einer erfolgreichen Parodontitistherapie wieder auf den Normalwert von parodontal gesunden Probanden absinkt31,40. Hier wurde wiederum ein Zusammenhang zwischen Parodontitis und Atherosklerose gezeigt12,41.

Mikrobiologische Faktoren

Parodontalpathogene Bakterien und deren Bestandteile sowie Zellen der Immunantwort und Entzündungsmediatoren können durch das parodontale Taschengewebe in den Blutkreislauf gelangen. So wurden parodontalpathogene Bakterien bereits im Endokard und in atheromatöser Plaque nachgewiesen42. Außer Keimen können auch bakterielle Moleküle in den Blutstrom eingeschwemmt werden und systemische inflammatorische Prozesse beeinflussen. Beide chronisch inflammatorischen Erkrankungen, sowohl die KVE als auch die Parodontitis, werden von denselben Mediatoren (unter anderem Interleukin[IL]-6, TNF-α, CRP, Leukozyten) beeinflusst43.

Eine antiinfektiöse Parodontitistherapie scheint Streptococcus spp. verstärkt ins Blut auszuschwemmen44. Dies ist von besonderer Bedeutung, da vor allem Streptococcus spp. einen Risikofaktor für KVE darstellen45,46. So fanden verschiedene Arbeitsgruppen47−49 direkt nach einer antiinfektiösen Parodontitistherapie eine besonders hohe Bakterienlast im Blut, verglichen mit der Bakterienlast bei nichtbehandelten Gingivitispatienten oder parodontal Gesunden. Andere Untersuchungen konnten eine nur geringe oder keine erhöhte Bakterienlast im Blut nachweisen50,51.

Für die Bakterien Chlamydia pneumoniae und Helicobacter pylori ist bereits ein Zusammenhang mit KVE gezeigt worden52−55. Chistiakov et al.56 zeigten in einer aktuellen Übersichtsarbeit, dass die Bakterien Aggregatibacter actinomycetemcomitans und Porphyromonas gingivalis57 arterio­sklerotische Veränderungen beeinflussen. Diese Spezies sind in der Lage, sich an die Endothelzellen der Gefäße anzulagern und anschließend in die Endothelzellen einzudringen. Hierbei werden eine Entzündungskaskade und die Produktion von Entzündungsmediatoren wie IL-6, IL-8 und Cyclooxygenase-2 in Gang gesetzt. Porphyromonas gingivalis erhöht die Gefäßpermeabilität durch Gingipain und führt zur Transmigration sowie Transformation von Makrophagen zu Schaumzellen in der Gefäßwand. So kommt es zur Einlagerung von Lipiden und zur Bildung von arterio­sklerotischen Plaques.

Parodontologische Parameter

Die Risikofaktoren von Parodontitis und KVE, unter anderem Alter, Geschlecht, sozioökonomische Faktoren, Rauchen, metabolische Faktoren, Bluthochdruck, Stress, überschneiden sich. Auch die Parodontitis selbst ist ein Risikofaktor für die Entwicklung einer KVE58. Zwar zeigen Studien, dass zwischen dem klinischen Attachmentverlust (CAL) und KVE kein Zusammenhang besteht59, jedoch zwischen erhöhtem CAL/erhöhten Sondierungstiefen und dem Auftreten von Myokardinfarkten60. Wird der jährliche Knochenverlust bei Patienten mit und ohne KVE (adjustiert um Risikofaktoren) betrachtet, zeigen Patienten mit einer KVE einen höheren Knochenverlust (0,062 mm pro Jahr) als Patienten ohne KVE (0,022 mm pro Jahr)61.

Schlussfolgerungen

Ein aktuelles systematisches Review und eine Meta­analyse mit 25 Studien und 1.748 untersuchten Patienten mit einer Parodontitis konnten eine eindeutige Verbesserung der Endothelfunktion durch eine Erhöhung der HDL-Konzentration und eine Reduktion folgender Biomarker nach einer antiinfektiösen Parodontitistherapie zeigen: CRP/hochsensitives CRP, IL-6, TNF-α, Fibrinogen und Gesamtcholesterin62. Zusätzlich hat eine antiinfektiöse Parodontitistherapie Einfluss auf folgende kardiovaskuläre Parameter: Intima-Media Dicke, flussvermittelte Vasodilatation, Fibrinogen, Gesamtcholesterin und HDL-Cholesterin43,56,62.

Ein systematisches Review der Cochrane Oral Health Group kam jedoch zu dem Ergebnis, dass die aktuelle Studienlage nicht ausreicht, um eine direkte Wirkung der antiinfektiösen Parodontitistherapie auf KVE zu ermitteln63. Bisher gibt es keine Studie, die einen Effekt auf parodontologische Parameter beziehungsweise eine Remission der Parodontitis nach abgeschlossener Behandlung einer KVE zeigt.

Aus Sicht des DG PARO/DIU-Masterstudiengangs ist die Evidenzlage für einen Kausalzusammenhang zwischen KVE und Parodontitis nicht so robust wie ursprünglich angenommen. Auf Interventionsstudien – und nicht nur auf Beobachtungsstudien – sollte daher der Fokus zukünftiger wissenschaftlicher Studien gelegt werden.

Fazit für die Praxis

Bisher konnte noch kein eindeutiger kausaler Zusam­menhang zwischen Parodontitis und KVE nachgewiesen werden, jedoch scheint er prinzipiell plausibel zu sein. Parodontitis ist ein Risiko­faktor für die Entwicklung einer KVE58. Bisherige Studien sind jedoch hinsichtlich der Wirkung einer anti­infektiösen Parodontitistherapie auf eine KVE uneinheitlich. Bei Patienten mit KVE sollten das Anästhetikum, die Dauer der Behandlung, die Bakteriämiegefahr und, bei chirurgischen Eingriffen, das Blutungsrisiko berücksichtigt werden. Bei Risiko­patienten sollte auf eine Kalzifikation der Gefäße in Panoramaschichtaufnahmen (Abb. 2) geachtet werden, die einer internistischen/kardiologischen Abklärung bedarf. Als weitere röntgenologische Auffälligkeiten können sich auch Stents in Panoramaschichtaufnahmen darstellen (Titelbild und Abb. 3).

Ein Beitrag von Dr. Kay-Arne Walther, Dr. Dominik Brunnhuber, Dr. Christof Frey, Dr. Stefan Hermann, Dr. Jan Rödiger, Georgios Tsolakidis, alle Gießen, sowie Dr. Christiane Krantz-Schäfers und Dr. Philipp Kanzow, beide Göttingen

Literatur auf Anfrage über news@quintessenz.de

Quelle: Parodontologie 4/20 Parodontologie

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