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KZV Sachsen-Anhalt: Bald jeder Zweite ohne zahnärztliche Behandlung – Ausweitung der Studienplätze in Halle/Wittenberg auch aus Kostengründen abgelehnt

(c) DesignRage/Shutterstock.com

Der Zahnarztmangel in Sachsen-Anhalt wird immer offensichtlicher, doch die Landesregierung bleibt untätig: In einer aktuellen Mitteilung in Reaktion auf einen Beschluss des Landtags lehnt sie die Einführung einer Landzahnarztquote im Studium ab. Der Vorstand der Kassenzahnärztlichen Vereinigung Sachsen-Anhalt (KZV LSA), Dr. Jochen Schmidt, mahnt indes: „Schon in wenigen Jahren könnte jeder zweite Sachsen-Anhalter zahnärztlich unversorgt bleiben! Die Quote kann helfen, mehr Zahnmedizin-Absolventen im Land zu halten.“

Präventionserfolge aufgegeben

Dr. Jochen Schmidt, Vorstandsvorsitzender der KZV Sachsen-Anhalt (im Hintergrund Kammerpräsident Dr. Carsten Hünecke).
Dr. Jochen Schmidt, Vorstandsvorsitzender der KZV Sachsen-Anhalt (im Hintergrund Kammerpräsident Dr. Carsten Hünecke).
Foto: Viktoria Kühne
„In keinem Bereich wurden mehr Erfolge durch Prävention erzielt als in der Zahnmedizin“, heißt es in der Meldung der KZV. Der Mundgesundheit der Bevölkerung in Sachsen-Anhalt scheine die Landesregierung jedoch keine allzu große Bedeutung beizumessen, so Schmidt: „Wir haben sehr darauf gehofft, dass die Landesregierung die klare Faktenlage in Bezug auf die immer größer werdenden Lücken in der zahnärztlichen und kieferorthopädischen Versorgung im Land anerkennt und unsere Bemühungen bei der Förderung und Gewinnung von Nachwuchskräften endlich durch eigene Maßnahmen unterstützt, wie etwa die Landeszahnarztquote im Zahnmedizinstudium. Doch durch ihre andauernde Untätigkeit gibt die Landesregierung die Präventionserfolge in der zahnmedizinischen Versorgung de facto auf.“

Der KZV-Vorsitzende verweist darauf, dass die Versorgungslage im Land immer prekärer wird, weil der Großteil der Zahnärztinnen und Zahnärzte in Sachsen-Anhalt bereits über 55 Jahre alt ist und infolgedessen in den nächsten Jahren aus der Versorgung ausscheiden wird. In früheren Stellungnahmen wies die KZV darauf hin, dass im schlimmsten Fall nur noch rund 800 Zahnärztinnen und Zahnärzte von aktuell rund 1.600 für die Behandlung der Menschen im Land zur Verfügung stehen könnten.

Die Zahnärzteschaft in Sachsen-Anhalt und ihre Berufsvertretungen haben bereits vielfältige Maßnahmen zur Sicherstellung der zahnärztlichen Versorgung im Land umgesetzt, von Beratungsangeboten über Stipendien, geförderte Studienplätze im Ausland und virtueller Praxis- und Stellenbörse bis zur Bezuschussung von Stellen für den zahnärztlichen Nachwuchs. „Dennoch könnte bald die Situation eintreten, dass jeder zweite Sachsen-Anhalter nur noch in akuten Notfällen behandelt wird“, erklärt Schmidt.

Keine Unterstützung trotz anderslautendem Koalitionsvertrag

Enttäuscht zeigt sich der KZV-Vorsitzende daher auch hinsichtlich einer aktuellen Mitteilung, die die Staatskanzlei im Namen der Landesregierung als Reaktion auf den Landtagsbeschluss „Zahnmedizinische und kieferorthopädische Versorgung in allen Regionen des Landes sichern“ vom 26. Januar 2023 abgegeben hat. Darin wird offenbar, dass die Landesregierung die Einführung einer Landeszahnarztquote – anders als noch im Koalitionsvertrag der Landesregierung niedergeschrieben – nicht unterstützt. Dazu Schmidt: „Die Landeszahnarztquote wäre ein politisches Zeichen und ein Faustpfand für unser Bundesland, eine Garantie, dass jedes Jahr eine bestimmte Zahl an Absolventen der Zahnmedizin der Universität Halle in Sachsen-Anhalt tätig wird.“

Ungleichbehandlung zur Landarztquote

Für den KZV-Vorsitzenden sei es völlig unverständlich, dass die seit Jahren etablierte Landarztquote von der Landesregierung als „erfolgversprechend“ und „guter Weg“ betrachtet, die gleiche Maßnahme für den Bereich der zahnärztlichen Nachwuchsgewinnung aber als „tendenziell wenig verhältnismäßig“ bewertet wird.

Einmal mehr zeige sich, dass die Regierungsparteien die einst im Koalitionsvertrag getätigte Zusage, Anreize zur Sicherung der flächendeckenden zahnmedizinischen Versorgung zu schaffen, nicht ernst nehme. Statt klarer Handlungsschritte setze die Landesregierung lieber auf Maßnahmen zur Attraktivitätssteigerung des Landes. In einer phrasenhaften Erklärung heiße es: Sachsen-Anhalt soll ein attraktiverer Lebens- und Arbeitsort für Zahnmedizinerinnen und Zahnmediziner werden. „Das klingt vielversprechend! Diese Argumentation wurde von der Landesregierung jedoch auch schon angeführt, als sich der Mangel bei Lehrern, Polizeikräften und Hausärzten abzeichnete. Und wo wir heute in diesen Bereichen stehen, brauche ich niemandem darstellen“, so Schmidt.

Landesregierung verweist auf DGZMK und die Kosten

In der Stellungnahme der Landesregierung zum Landtagsbeschluss heißt es unter anderem, die Deutsche Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde (DGZMK) habe in ihrem Papier „Zahnmedizin 2030“ eine ablehnende Position zu einer Landzahnarztquote vertreten. Es wäre auch nur drei der 40 Zahnmedizin-Studienplätze im Land unter dieser Quote zu vergeben, sie werde daher als „tendenziell wenig verhältnismäßig bewertet“.

Zur von Zahnärztekammer und KZV schon seit langem geforderten Ausweitung des Studienplatzangebots an der Universität Halle-Wittenberg mit der Zahnklinik in Halle (Saale) – der einzigen Uni im Land, an der Zahnmedizin studiert werden kann – heißt es in der Stellungnahme, es würden bei einer Aufstockung um 20 Plätze allein jährlich mehr als vier Millionen Euro für Personal- und Sachkosten anfallen. Dazu kämen die Mehrkosten aus der Reform der Approbationsordnungen. Zudem sei die Zahnklinik in Halle gerade erst aufwendig baulich und ausstattungsmäßig neu errichtet/ertüchtigt worden. Aktuell gibt es dort 26 klinische Behandlungseinheiten. Sollten jährlich 60 Studienanfänger aufgenommen werden, müssten weitere 14 Behandlungseinheiten beschafft und bauliche Erweiterungen vorgenommen werden.

Weniger als 25 Prozent bleiben im Land

Die Landesregierung stellt selbst fest, dass aktuell weniger als 25 Prozent der 40 Studienanfänger im Land bleiben. Daher wolle man das Augenmerk eher auf Maßnahmen legen, die „Sachsen-Anhalt als Arbeits- und Lebensort für Zahnärztinnen und Zahnärzte attraktiver werden lässt“. Das reicht, so die KZV Sachsen-Anhalt, aber nicht aus.

Die Dokumente
• Beschluss des Landtags vom 26. Januar 2023, Drucksache 8/2191 (2 S.): Zahnmedizinische und kieferorthopädische Versorgung langfristig in allen Regionen des Landes sichern
• Mitteilung der Landesregierung vom 5. April 2023 an den Landtag, Drucksache 8/2463 (2 S.): Beschlussrealisierung „Zahnmedizinische und kieferorthopädische Versorgung langfristig in allen Regionen des Landes sichern“

 

Reference: Politik med.dent.magazin Nachrichten

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