0,00 €
Zum Warenkorb
  • Quintessence Publishing Deutschland
Filter
1058 Views

Neue Erkenntnisse der Universität Zürich fließen bereits in die psychiatrische Behandlung mit ein

Chronischer Stress führt zu Veränderungen des Immunsystems, die ihrerseits Gehirn und Psyche beeinflussen – etwa bei Depressionen.

(c) Africa Studio/Shutterstock.com

Chronischer Stress wirkt sich auf das Immunsystem und das Gehirn aus. Forschende der Universität Zürich (UZH) zeigen, dass unter Stress ein bestimmtes Enzym aus Immunzellen ins Gehirn gelangt. Bei Mäusen bewirkt es, dass sie sich zurückziehen und soziale Kontakte meiden. Dieser neu entdeckte Zusammenhang von Körper und Geist bei stressbedingten psychischen Erkrankungen könnte zu neuen Behandlungen bei Depressionen führen.

Chronischer Stress hat tiefgreifende Auswirkungen auf den Körper. So gehen zum Beispiel viele stressbedingte psychiatrische Erkrankungen wie Depressionen mit Veränderungen des Immunsystems einher. Die zugrundeliegenden Mechanismen, wie diese Veränderungen das Gehirn beeinflussen, sind jedoch noch weitgehend unbekannt.

Enzym von Immunzellen im Blut beeinträchtigt Nerven im Gehirn

Einen zentralen Mechanismus hat ein internationales Forschungsteam unter der Leitung der UZH, der Psychiatrischen Universitätsklinik Zürich (PUK) und der Icahn School of Medicine at Mount Sinai, New York, nun entschlüsselt. „Wir konnten zeigen, dass Stress die Menge des Enzyms Matrixmetalloproteinase 8, kurz MMP8, im Blut von Mäusen erhöht. Dieselbe Veränderung fanden wir auch in Patientinnen und Patienten mit einer Depression“, sagt Erstautor Flurin Cathomas. Vom Blut gelangt MMP8 ins Gehirn und verändert dort die Funktionstüchtigkeit bestimmter Nervenzellen. Bei den betroffenen Mäusen führt dies zu Verhaltensänderungen: Sie ziehen sich zurück und meiden soziale Kontakte.

Möglicher Ansatzpunkt zur Behandlung von Depressionen

Neu sind die Ergebnisse gemäß Cathomas in zweifacher Hinsicht: „Erstens beschreiben wir einen neuartigen ‚Body-Mind-Mechanismus‘, der nicht nur für stressassoziierte psychiatrische Erkrankungen relevant sein könnte, sondern möglicherweise auch für andere Krankheiten, die sowohl das Immun- als auch das Nervensystem beeinflussen.“ Und zweitens, so der Psychiater, hätten sie mit MMP8 ein spezifisches Protein identifiziert, das ein potenzieller Ansatzpunkt für eine neue Depressionstherapie sein könnte.

Veränderungen am stützenden Gerüst der Nervenzellen

Im Tiermodell konnten die Forschenden zeigen, dass bei Stress vermehrt Monozyten – eine bestimmte Art weißer Blutkörperchen – ins Gefäßsystem des Gehirns wandern, besonders in die Regionen des Belohnungszentrums. Diese Immunzellen produzieren das Enzym MMP8. Es ist am Umbau und der Regulation des netzartigen Gerüsts beteiligt, das die Nervenzellen im Gehirn umgibt – die sogenannte extrazelluläre Matrix. „Dringt das Protein aus dem Blut ins Hirngewebe ein, verändert es das Zellgerüst und stört so die Funktion der Nervenzellen. Betroffene Mäuse verändern dadurch ihr Verhalten vergleichbar mit Menschen mit einer Depression“, sagt Cathomas.

Um nachzuweisen, dass tatsächlich MMP8 für die Verhaltensänderungen verantwortlich ist, entfernten die Forschenden bei einem Teil der Mäuse das MMP8-Gen. Diese Tiere waren im Vergleich zu Kontroll-Mäusen vor den negativen stressbedingten Verhaltensänderungen geschützt. „Dass die in den Mäusen gefundenen Ergebnisse auch für Menschen relevant sind, zeigen unsere Analysen im Blut von depressiven Patienten. Sowohl die Monozyten als auch das MMP8-Enzym waren bei ihnen im Vergleich zu gesunden Probanden vermehrt vorhanden“, so Cathomas.

Klinische Studie mit depressiven Patienten geplant

Bevor die Ergebnisse in die klinische Praxis implementiert werden können, braucht es noch viele weitere Studien. „Unsere Arbeit zeigt aber einmal mehr auf, wie wichtig das Zusammenspiel zwischen dem Immunsystem und dem Gehirn bei der Entstehung von psychiatrischen Erkrankungen ist. Diese Erkenntnisse fließen schon heute in die psychiatrische Behandlung mit ein“, so Cathomas. Auf der von ihm geleiteten Spezialstation für integrative Versorgung an der PUK werden Patientinnen und Patienten mit unterschiedlichen psychiatrischen Erkrankungen in Sinne einer ganzheitliche Mind-Body-Herangehensweise nach neuestem wissenschaftlichem Stand behandelt.

Das Forscherteam plant nun klinische Studien, um zu untersuchen, inwieweit das Immunsystem durch die Stimulation gewisser Gehirnareale beeinflusst werden kann. Und ob allfällige Veränderungen in den Abwehrzellen einen Einfluss auf das Verhalten depressiver Patienten haben.

Literatur:

Flurin Cathomas, Hsiao-Yun Lin, Kenny L. Chan, Long, Lyonna F. Parise, Johana Alvarez, et. al. Peripheral immune-derived matrix metalloproteinase promotes stress susceptibility and depression. Nature. 7 February 2024. DOI:10.1038/s41586-023-07015-2

Reference: Team Bunte Welt

AdBlocker active! Please take a moment ...

Our systems reports that you are using an active AdBlocker software, which blocks all page content to be loaded.

Fair is fair: Our industry partners provide a major input to the development of this news site with their advertisements. You will find a clear number of these ads at the homepage and on the single article pages.

Please put www.quintessence-publishing.com on your „adblocker whitelist“ or deactivate your ad blocker software. Thanks.

More news

  
26. Apr 2024

IDS 2025: Positiver Zwischenstand und hohe Wiederbuchungsrate

Mehr als 1.000 Unternehmen haben ihre Teilnahme bereits bestätigt – zusätzliche Passage zur besseren Erreichbarkeit
26. Apr 2024

Einfaches Platzieren und Lösen der Schiene

V-Print IBT – Präzise Bracketpositionierung, reduzierte Behandlungszeiten und optimaler Komfort
25. Apr 2024

50 Jahre ZFZ Stuttgart

Tradition und Innovationen werden fortgesetzt – Erfolgsgeschichte in der zahnmedizinischen Fortbildung
25. Apr 2024

Englisch lernen für den Praxisalltag mit „Dental English to go“

Englisch-Podcast mit Sabine Nemec liefert kurze, schnelle Lessons zum Auffrischen und Üben – #59 Informing about Caries 2
24. Apr 2024

Erstmalige Ausschreibung: „PraxisAward Prävention“

BZÄK und CP Gaba setzen ihre Initiative fort – Schwerpunktthema 2024: „Mundgesundheit in der häuslichen Pflege“
24. Apr 2024

Wissensbedarf bei Abrechnungsthemen ungebrochen groß ist

DZR Kongress 2024 – Abrechnung, Dokumentation, Cybersicherheit, Motivation und Persönlichkeitsentwicklung
24. Apr 2024

Kombi-Laser für die PDT und Weichgewebschirurgie

Neuer Blaulicht-Hochleistungslaser beinhaltet auch einen Rotlichtlaser – Laserschutzbeauftragten-Zertifikat durch Online-Schulung
23. Apr 2024

„Habt Mut zu wachsen!“

Caroline-Kristina Havers fand die für sie passende Praxis – „Fortbildungen motivieren und geben Selbstvertrauen“