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Zahnärzte fordern finanzielles Ausgleichsverfahren – Vorläufige Finanzergebnisse der GKV für das Jahr 2023

(c) mahc/Shutterstock.com

Der Anteil der Kassenausgaben für zahnärztliche Leistungen (5 Prozent) und Zahnersatz (1 Prozent) an den Gesamtausgaben der Gesetzlichen Krankenversicherung beträgt auch 2023 stabil bei ca. 6 Prozent. Das geht aus der Veröffentlichung der vorläufigen Finanzergebnisse der GKV für 2023 durch das das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) hervor.
 
Für 2023 und 2024 ist das verfügbare Honorarvolumen für zahlreiche zahnärztliche Leistungen durch das GKV-Finanzstabilisierungsgesetz in fast allen Kassenzahnärztlichen Vereinigungen budgetiert (Kons/Chir, Parodontitis). Wie viel die Praxen tatsächlich für die von ihnen erbrachten und mit den Kassenzahnärztlichen Vereinigungen abgerechneten Leistungen bekommen, steht vielfach noch nicht final fest. Die endgültigen Zahlen der GKV für 2023 werden erst im Frühsommer 2024vorliegen. Nach den vorläufigen Zahlen sind die Ausgaben für zahnärztliche Leistungen ohne Zahnersatz insgesamt gegenüber 2022 um 5,6 Prozent oder 719 Millionen Euro auf jetzt 13,642 Milliarden Euro gestiegen. Die Ausgaben für Zahnersatz stiegen um 3,6 Prozent oder 141 Millionen Euro auf jetzt 4,025 Milliarden Euro. Damit sind aus der GKV insgesamt mehr als 17,65 Milliarden Euro für die zahnmedizinische Versorgung in Praxen und Labore geflossen.

Quelle: BMG

 

Kassendefizit wegen Zahlungen an den Gesundheitsfonds

Für das Jahr 2023 weisen die gesetzlichen Krankenkassen laut BMG einen „Überschuss der Ausgaben“ (oder Minus) von rund 1,9 Milliarden Euro aus. „Dieses hängt maßgeblich mit der Verpflichtung des Gesetzgebers im Rahmen des GKV-Finanzstabilisierungsgesetzes zusammen, im Jahr 2023 insgesamt 2,5 Milliarden Euro aus den Finanzreserven der Krankenkassen an den Gesundheitsfonds abzuführen“, so das BMG zu den vorläufigen Zahlen. Die Finanzreserven der Krankenkassen betrugen danach Ende Dezember 8,4 Milliarden Euro beziehungsweise rund 0,3 Monatsausgaben und entsprachen damit dem Eineinhalbfachen der gesetzlich vorgesehenen Mindestreserve von 0,2 Monatsausgaben. Der Gesundheitsfonds verzeichnete im Jahr 2023 ein zu erwartendes Defizit in Höhe von 3,3 Milliarden Euro. Die Liquiditätsreserve betrug zum 15. Januar 2024 rund 9,4 Milliarden Euro.

Lauterbach rechtfertigt Sparkurs und kündigt Gesetze an

Bundesgesundheitsminister Prof. Karl Lauterbach rechtfertigte seinen Sparkurs auch für die vertragszahnärztliche Versorgung anlässlich der Veröffentlichung der Zahlen so: „Zu Beginn der Legislaturperiode standen wir vor großen Herausforderungen. Für 2023 wurde ein Defizit für die gesetzliche Krankenversicherung von 17 Milliarden Euro erwartet. Die vorläufigen Jahresrechnungsergebnisse der Krankenkassen für 2023 machen deutlich, dass es uns mit dem Finanzstabilisierungsgesetz gelungen ist, die Finanzlage der GKV zu stabilisieren. Das verbleibende Defizit der Krankenkassen in 2023 ist aufgrund der Abführung von Kassenvermögen an den Gesundheitsfonds erwartet worden. Die Krankenkassen haben damit einen wichtigen Beitrag zur Konsolidierung der GKV-Finanzen geleistet. Gleichwohl bleibt die Stabilisierung der GKV-Finanzen eine dauerhafte Aufgabe. In unseren Bemühungen werden wir daher nicht nachlassen: Die große Krankenhausreform, die in 2025 kommen soll und die bereits verabschiedeten Digitalgesetze sind wichtige Bausteine, um durch Strukturreformen einerseits die Qualität der medizinischen Versorgung zu verbessern und andererseits die Finanzierbarkeit langfristig zu sichern.“

Zahnärzteschaft fordern umgehend finanzielles Ausgleichsverfahren

Vonseiten der Zahnärzteschaft kritisierte die KZV Hessen Lauterbachs kurzsichtige Kürzungspolitik, die zulasten der an Parodontitis leidenden Menschen gehe. „Es war verantwortungslos, der zahnmedizinischen Versorgung von Patientinnen und Patienten Geld zu entziehen und damit wichtige, notwendige Therapien zu verhindern“, erklärte Stephan Allroggen, Vorstandsvorsitzender der Kassenzahnärztlichen Vereinigung Hessen. „Die Sparmaßnahmen des BMG gehen klar zulasten der Gesundheit unserer Patienten. Die Behandlungsfälle der Volkskrankheit Parodontitis sind zurückgegangen, obwohl die Zahl der an Parodontitis erkrankten Menschen nicht geringer geworden ist. Wie sich jetzt zeigt, haben die sehr hoch angesetzten Prognosen des BMG zum GKV-Finanzdefizit nicht gestimmt. Ein umgehendes finanzielles Ausgleichsverfahren ist nun erforderlich, um über die dringend benötigten Mittel für die Parodontitistherapie verfügen zu können. Nur so lässt sich eine absehbare Verschlechterung der Mundgesundheit und anderer Krankheitsbilder, die mit Parodontitis einhergehen, erfolgreich verhindern.“

Zahl der PAR-Neubehandlungen weiter rückläufig

Allein in Deutschland seien rund 30 Millionen Patientinnen und Patienten von Parodontitis betroffen. Nach Einführung der neuen PAR-Behandlungsstrecke zum 1. Juli 2021 seien die Behandlungszahlen deutlich gestiegen – die Budgetierung habe nun dazu geführt, dass die Zahl der Neubehandlungsfälle stark rückläufig sei, so die KZV Hessen. Dies zeigen auch die Zahlen der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung (KZBV), die gemeinsam mit der Deutschen Gesellschaft für Parodontologie Ende September 2023 einen Evaluierungsbericht dazu vorgelegt hatte. Der dort schon zu verzeichnende Rückgang habe sich weiter fortgesetzt, erklärte der KZBV-Vorstandsvorsitzende Martin Hendges auch im Interview mit „Quintessence News“ Anfang Februar 2024.

Einnahmen und Ausgaben der Kassen

Den Einnahmen der gesetzlichen Krankenkassen in Höhe von 304,4 Milliarden Euro standen Ausgaben in Höhe von 306,2 Milliarden Euro gegenüber, so das BMG. Die Ausgaben für Leistungen und Verwaltungskosten verzeichneten bei einem Anstieg der Versichertenzahlen von 0,9 Prozent einen Zuwachs von 5,0 Prozent. Der durchschnittlich von den Krankenkassen erhobene Zusatzbeitragssatz lag zum Jahresende 2023 mit 1,51 Prozent etwas unterhalb des Ende Oktober 2022 für das Jahr 2023 bekannt gegebenen durchschnittlichen Zusatzbeitragssatzes von 1,6 Prozent.

Unterschiedliche Finanzentwicklung nach Krankenkassenarten

Alle Kassenarten wiesen im Jahr 2023 Überschüsse der Ausgaben (also ein Minus) aus. Das Minus betrug bei den Ersatzkassen 1,1 Milliarden Euro, bei den Betriebskrankenkassen 363 Millionen Euro, bei den Allgemeinen Ortskrankenkassen 225 Millionen Euro, bei der Knappschaft 122 Millionen Euro, bei den Innungskrankenkassen 24 Millionen Euro und bei der Landwirtschaftlichen Krankenkasse 4 Millionen Euro.

Ergebnis des Gesundheitsfonds

Die Finanzströme in der GKV zwischen Gesundheitsfonds und Krankenkassen sind höchst komplex. In den Fonds fließen ein Großteil der Beitragseinnahmen und 2023 auch Gelder aus den Rücklagen der Kassen sowie Zuschüsse aus dem Bundeshaushalt. Aus dem Fonds erhalten die Kassen dann unter Berücksichtigung verschiedener Verteilungskriterien (unter anderem Risikostrukturausgleich, auch Morbi-RSA genannt) die Gelder für die von ihnen zu finanzierenden Leistungen. Allerdings sind nicht alle Leistungen, die nicht genuin den Aufgaben der GKV zugeordnet sind (sogenannte versicherungsfremde Leistungen oder Versichertenstatus ohne eigene Beitragsleistungen), durch entsprechende Zuschüsse aus dem Bundeshaushalt gegenfinanziert.

Der Gesundheitsfonds verzeichnete im Jahr 2023 ein Minus („Überschuss der Ausgaben“) in Höhe von 3,3 Milliarden Euro. Das Defizit resultiere maßgeblich aus einer Maßnahme des GKV-Finanzstabilisierungsgesetzes: Durch die Absenkung der Obergrenze der Liquiditätsreserve wurden zusätzliche Mittel an die Krankenkassen ausgeschüttet, um die Zusatzbeitragssätze der Krankenkassen zu stabilisieren. Die Liquiditätsreserve zum 15. Januar 2024 betrug rund 9,4 Milliarden Euro. „Auch in 2024 werden zusätzliche Mittel von 3,1 Milliarden Euro an die Krankenkassen ausgeschüttet, so dass mit einem weiteren Absinken zu rechnen ist. Die Beitragseinnahmen (ohne Zusatzbeiträge) stiegen im Jahr 2023 im Vergleich zum Jahr 2022 um 5,4 Prozent. Verantwortlich für die hohen Zuwächse bei den Beitragseinnahmen sind insbesondere inflationsbedingt kräftige Lohnsteigerungen.“

Entwicklungen bei den Ausgaben – höhere Personal- und Sachkosten

Quelle: BMG
Die Krankenkassen verzeichneten im vergangenen Jahr 2023 bei einem Versichertenzuwachs von 0,9 Prozent einen Zuwachs der Leistungsausgaben und Verwaltungskosten von 5,0 Prozent. Die Leistungsausgaben stiegen dabei um 5,2 Prozent, die Verwaltungskosten um 1,6 Prozent. „Damit hat sich die Ausgabendynamik gegenüber dem Vorjahr (2022: +4,2 Prozent) beschleunigt. Hier wirken sich trotz der ausgabendämpfenden Maßnahmen des Finanzstabilisierungsgesetzes insbesondere auch inflationsbedingt höhere Ausgaben für Personal- und Sachkosten sowie Vergütungen der Leistungserbringer aus. In absoluten Zahlen stiegen die Ausgaben der Krankenkassen um 14,4 Milliarden Euro; hiervon entfielen rund 0,2 Milliarden Euro auf den Anstieg der Verwaltungskosten“, so das BMG.

Höhere Aufwendungen für Krankenhausbehandlungen

Maßgeblich beeinflusst wurde diese dynamischere Entwicklung durch die Aufwendungen für Krankenhausbehandlungen, die um rund 6,1 Milliarden Euro (+7,0 Prozent) im Vergleich zum Vorjahr wuchsen. Hierbei entwickeln sich insbesondere die Aufwendungen für stationäre psychiatrische Behandlungen (+13,5 Prozent beziehungsweise +1,1 Milliarden Euro) sowie die gebuchten Aufwendungen für die seit 2020 aus den DRG-Fallpauschalen ausgegliederten Pflegepersonalkosten (+9,8 Prozent beziehungsweise +1,8 Milliarden Euro) dynamisch. Auch die Ausgaben für weitere Aufwendungen im Krankenhaus (insbesondere Somatik) stiegen deutlich (+5,2 Prozent beziehungsweise +3,2 Milliarden Euro).

Viele kleine und mittlere Leistungsbereiche verzeichneten ebenfalls ein dynamisches Ausgabenwachstum. Deutlich überproportional gestiegen sind die Ausgaben im Bereich der Schutzimpfungen (+13,6 Prozent) sowie im Bereich der Behandlungspflege und der häuslichen Krankenpflege (+12,2 Prozent).
Die Ausgaben für Heilmittel erleben mit 9,1 Prozent weiterhin einen Aufwuchs, der vorrangig auf Vergütungsverbesserungen für die Heilmittelerbringer zurückzuführen ist. Mit einem Anstieg von 7,3 Prozent entwickeln sich die Ausgaben für Hilfsmittel etwas dynamischer als die Gesamtausgaben. Im Bereich Krankengeld entwickeln sich die Ausgaben mit 6,4 Prozent überdurchschnittlich. Dazu trägt auch der Anstieg der krankengeldberechtigten Mitglieder in Höhe von 0,6 Prozent bei. Die Aufwendungen für Kinderkrankengeld liegen mit rund 470 Millionen Euro hingegen unter dem Niveau des Vorjahreszeitraumes (540 Millionen Euro), da pandemiebedingten Sonderregelungen in 2023 ausgelaufen sind.

Dämpfung bei den Arzneimittelausgaben

Der Anstieg der Arzneimittelausgaben habe „dank GKV-FinStG“ mit 2,9 Prozent erstmals seit 2018 wieder deutlich unter dem durchschnittlichen Anstieg der gesamten Leistungsausgaben gelegen. Im Gesetz war ein um 5 Prozentpunkte erhöhter Herstellerabschlag insbesondere für patentgeschützte Arzneimittel enthalten.

Die Ausgaben für ambulant-ärztliche Behandlungen sind nach den vorläufigen Rechnungsergebnissen für 2023 um 1,7 Prozent gestiegen. „Dämpfend auf die Ausgabenrate in 2023 wirken insbesondere der deutliche Rückgang von Corona-spezifischen Abrechnungsziffern (zum Beispiel Testungen)“, so das BMG. Bei der Interpretation der vorläufigen Rechnungsergebnisse sei grundsätzlich zu berücksichtigen, dass die Ausgaben in vielen Leistungsbereichen, insbesondere bei Ärzten und Zahnärzten, von Schätzungen geprägt sind, da Abrechnungsdaten für den betrachteten Zeitraum häufig noch nicht oder nur teilweise vorliegen. Auch die Aufwendungen für das Pflegebudget im Krankenhaus sind aufgrund der für einen Teil der Krankenhäuser noch nicht vorliegenden Abschlüsse der Verhandlungspartner vor Ort teilweise von Schätzungen geprägt.

45 der 95 Kassen haben Zusatzbeiträge erhöht

Das Bundesministerium für Gesundheit hat auf Basis der Prognose des GKV-Schätzerkreises einen durchschnittlichen Zusatzbeitragssatz für das Jahr 2024 von 1,7 Prozent bekanntgegeben. Dies entspricht einem Anstieg von 0,1 Prozentpunkten gegenüber dem für 2023 bekanntgegebenen durchschnittlichen Zusatzbeitragssatz von 1,6 Prozent. Die von den Krankenkassen erhobenen kassenindividuellen Zusatzbeitragssätze können hiervon abweichen. Zum 1. Januar 2024 haben 45 Krankenkassen der insgesamt verbliebenen 95 Kassen (Stand 1. Januar 2024 laut GKV-Spitzenverband) ihre Beitragssätze erhöht, bei 45 Krankenkassen ist der Zusatzbeitragssatz unverändert geblieben. Vier Krankenkassen konnten ihren Zusatzbeitragssatz absenken. Der GKV-durchschnittlich erhobene Zusatzbeitragssatz liegt bei 1,7 Prozent.

Die Tabellen und Grafiken zu den Zahlen können auf der Internetseite des BMG abgerufen werden.

Quelle: Quintessence News Politik Wirtschaft Nachrichten

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