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Klare Positionen auf der KZBV-Vertreterversammlung in Bonn – Unterstützung von NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann

Der NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann war per Video für sein Grußwort zugeschaltet.

(c) KZBV/Knoff

Dr. Marion Marschall

Die Bewertung der jüngsten Gesetzentwürfe und Papiere zur Digitalisierung und zum Bürokratieabbau und des Evaluierungsberichts des Bundesgesundheitsministeriums zur Parodontitistherapie und die Schlussfolgerungen daraus für das weitere politische Agieren standen im Fokus der 3. Vertreterversammlung der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung (KZBV) am 8. und 9. November 2023 in Bonn. Weiter im Fokus: Die Rettung der neuen, präventionsorientierten Parodontitistherapie.

Nordrhein-Westfalen ist das bevölkerungsreichste Bundesland, und der Gesundheits- und Sozialminister des Landes, Karl-Josef Laumann (CDU), auch bundespolitisch ein Schwergewicht. In seinem per Videoschalte gehaltenen Grußwort zur Eröffnung der 3. Vertreterversammlung der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung (KZBV) in der neuen Legislatur am 8. November 2023 in Bonn sprach Laumann daher deutliche Worte zur Gesundheitspolitik auf Bundesebene.

Fehlende Regelung für Investoren-MVZ schwächt Freiberuflichkeit

Laumann, mit der Zahnärzteschaft, den Kammern und KZVen in NRW gut vernetzt, machte sich erneut gegen Fremdkapital und Investoren im Gesundheitswesen und für die Freien Berufe als wichtigem Bestandteil des Mittelstands stark. Dieser Mittelstand und die Freien Berufe tragen ganz wesentlich die demokratische Gesellschaft, die aktuell von vielen Seiten und Einflüssen unter Druck gesetzt werde. „Wenn wir nicht bald eine Regelung zu den MVZ haben, wird die Freiberuflichkeit abnehmen, das ist für die Gesellschaft nicht gut“, so der NRW-Minister in Richtung Bund.

Er kritisierte die Gesundheitspolitik auf Bundesebene, die das Gespräch und den Dialog mit den Protagonisten vermissen lasse, und hob dabei auch auf die Parodontitistherapie ab: Es sei nicht gut, wenn man eine Politik mache nach dem Motto „Rinn in die Kartoffeln, raus aus die Kartoffeln“. Wenn man so eine Leistung einführe mit dem Wunsch, die Prävention zu verbessern, und dann nach einem Jahr sage, man wolle das nicht mehr finanzieren, sei das keine verlässliche Politik, die man man als Freiberufler erwarten könne. Schließlich seien die Zahnärzte in breitem Feld von politischen Entscheidungen abhängig. „Eine gewisse Verlässlichkeit muss man haben“, sagte Laumann unter Beifall.

Fehlender Dialog das größte Problem

Natürlich gebe es überall Finanzprobleme. Aber eine gute Politik „muss das mit den Betroffenen in aller Offenheit und vernünftig besprechen“, so seine Kritik in Richtung Ampel. Das sei keine vernünftige Politik, es gebe keinen Austausch mit den Betroffenen. „Man wird nicht dümmer durch den Dialog, es entsteht auch Vertrauen“, so Laumann. Das Fehlen des, ehrlichen Dialogs sei das „größte Problem, das wir aktuell in der Bundes-Gesundheitspolitik haben“. Man wisse alles besser, wolle nicht mit anderen reden müssen und alles ohne Beratung durchsetzen. In Deutschland gebe es aus guten Gründen ein freies Gesundheitssystem, das auf Selbstverwaltung setze. Man müsse die Dinge im Dialog besprechen und Lösungen finden, so Laumann.

Er lobte die „gut gelungene“ Kampagne „Zähne zeigen“, die Nachhall in der Bevölkerung und bei den Patienten finde. Das merke man am vielen Rücklauf an die Politiker, auch bei ihm und im Ministerium komme das an.

 

Martin Hendges, Vorstandsvorsitzender der KZBV.
Martin Hendges, Vorstandsvorsitzender der KZBV.
KZBV-Knoff

Der KZBV-Vorstandsvorsitzende Martin Hendges dankte Laumann für seine offenen Worte und bat ihn um weitere Unterstützung vonseiten der Länder. Dies vor dem Hintergrund der immer noch ausstehenden Regelungen zu den investorengeführten MVZ, die vom Bundesgesundheitsminister Prof. Dr. Karl Lauterbach schon vor knapp einem Jahr angekündigt worden waren, und vor allem vor dem Hintergrund der Folgen des GKV-Finanzstabilisierungsgesetzes für die neue Parodontitistherapie.

Politik betreibt Systemwandel, der die Selbstverwaltung außen vor lässt

In seinem Bericht legte Hendges den Delegierten noch einmal die Analyse zur aktuellen Politik vor: „Die Politik betreibt mit Nachdruck einen Systemwandel, der die Selbstverwaltung außen vorlässt. Welche Folgen eine solche Marschrichtung für die Patientinnen und Patienten in unserem Land hat, wird entweder nicht gesehen oder bewusst ausgeblendet.“ Dieser Minister ignoriere alles, um seine ideologischen Ideen umzusetzen. Er blende konsequent alles aus und sei ebenso konsequent in seiner Ignoranz gegenüber dem ambulanten Bereich und Freiberuflern und in der Diskreditierung der Selbstverwaltung.

Alle Heilberufler gegen sich aufgebracht

Es habe noch kein Gesundheitsminister vor ihm geschafft, die gesamten Heilberufe im ambulanten Bereich und auch den stationären Bereich gegen sich aufzubringen. Noch spürten die Patienten die Einschränkungen wegen der vielen anderen Belastungen noch nicht, und auch die Ärzte und Zahnärzte stellten immer noch die Versorgung und ärztliche Verantwortung in den Vordergrund. Die Politik treibe sie immer mehr in die Ethikfalle.

Es sei offensichtlich die persönliche Methode des Ministers und der Politik, immer die beste Versorgung öffentlich einzufordern, aber die Mittel dafür nicht bereitzustellen, so Hendges. Er kündigte an, einer Politik den Kampf anzusagen, die eine präventionsorientierte Patientenversorgung aus dem Blick verliert. Die gegenwärtige Stoßrichtung der Bundesregierung höhle die bewährten Eckpfeiler des deutschen Gesundheitssystems, nämlich Freiberuflichkeit, Selbstverwaltung und vor allem die bewährten inhabergeführten Praxisstrukturen zur Sicherstellung der wohnortnahen, flächendeckenden Versorgung aus.

Evaluierungsbericht des BMG mache „fassungslos“

Der vom Bundesgesundheitsministerium jetzt vorgelegte Evaluierungsbericht zur Parodontitistherapie, der dem Minister vom Bundestag bei der Verabschiedung des GKV-FinStG ins Aufgabenheft geschrieben worden sei, mache einen einfach nur fassungslos, so Hendges. Seit Ende Oktober „wissen wir, wie ernst Herr Lauterbach diesen Auftrag des Parlaments nimmt“. In dem knapp sieben Seiten umfassenden Papier, von dem sich nur gut nur 2 ½ Seiten tatsächlich mit den Zahlen zur PAR-Therapie befassen, wimmele es nur so von manipulativen Aussagen. Man habe den Eindruck, dass das BMG die Fakten verdrehe und Zahlen ignoriere, um zum vorgegebenen Ergebnis zu kommen, dass es keine Verschlechterung für die Versorgung der Patienten gibt. Diese Evaluierung sei eine reine Alibi-Veranstaltung.

Der von der KZBV und der DG Paro Ende September vorgelegte eigene Bericht zeige, wie stark die Rückgänge sind. Dieser Trend werde anhalten, wenn eine Gesetzesänderung ausbleibe. Dann seien 2024 kaum noch Mittel für PAR-Behandlung da. Es könne nur eine klare Aussage dieser VV geben: „Dieser versorgungsschädigenden Politik den Kampf anzusagen“, sagte der KZBV-Vorstandsvorsitzende unter Beifall.

Hendges appellierte daher noch einmal an die Politik, die Parodontitistherapie noch in diesem Jahr aus der Budgetierung herauszunehmen.
„Eine auf kurzsichtige Kostendämpfung ausgerichtete Gesundheitspolitik ist ein Schlag ins Gesicht derer, die heute Versorgung mit höchstem Engagement sicherstellen. Anders als vom Minister immer wieder vorgetragen, kommt dies zudem unweigerlich Leistungskürzungen gleich und damit zur Verschlechterung der Patientenversorgung“, so Hendges.

Deutliche Tendenzen des Systemwandels

In seiner Rede stellte Hendges zudem klar, dass alle bereits verabschiedeten und geplanten Gesetze der Ampel-Koalition deutliche Tendenzen eines Systemwandels in Richtung Zentralisierung und zunehmender Verstaatlichung des Gesundheitssystems erkennen lassen. Unter anderem machte er den dringenden politischen Handlungsbedarf bei der weiter fortschreitenden Ausbreitung versorgungsfremder Investoren, dem notwendigen Abbau von Bürokratie in der vertragszahnärztlichen Versorgung und der praxisorientierten Ausgestaltung der Digitalisierung deutlich.

Hendges rief die gesamte Zahnärzteschaft dazu auf, Politik und Öffentlichkeit, vor dem Hintergrund der Kampagne „Zähne zeigen“ stärker als je zuvor mit allem möglichen Nachdruck und mit gemeinsamer lauter Stimme die derzeitige Entwicklung klarzumachen und dringend notwendige Änderungen zu erwirken. „Bewährte Strukturen dürfen nicht weiter zerstört werden“, betonte er. Die Selbstverwaltungen seien „nicht die Handlanger einer Politik, die dies alles gefährden will“, sagte Hendges unter Beifall.

Kampagne soll fortgeführt und weiterentwickelt werden

Die Delegierten beschlossen daher im Verlauf der VV, die Kampagne „Zähne zeigen“ fortzuführen und weiterzuentwickeln, um die Öffentlichkeit weiter zu informieren und den Druck auf die Politik zu erhalten.

 

KZBV/Knoff

Zu den Berichten des Vorstands wurden vom Vorstand selbst und aus der VV insgesamt 25 Anträge gestellt. Allen voran wurde eine umfassende Resolution einstimmig beschlossen, die die gesamten Forderungen und Vorschläge aus Sicht der Vertragszahnärzteschaft angesichts der aktuellen Situation in den Praxen und zu den laufenden und angekündigten Gesetzesvorhaben einstimmig beschlossen. In Detailanträgen wurde Einzelthemen nochmals an die Politik adressiert, so zu den iMVZ.

Zahlreiche Anträge zum Thema Digitalisierung

Ein breiter Teil der Anträge befasst sich mit den Folgen aus den angekündigten beziehungsweise bereits vorliegenden Digitalisierungsgesetzen (diese wurden in dieser Woche in den Bundestag in erster Lesung eingebracht). Hier stehen in der kommenden Woche Anhörungen im Gesundheitsausschuss an, wobei weder KZBV noch KBV zur Anhörung zum Gesundheitsdatennutzungsgesetz (GDNG) eingeladen wurden. Abgelehnt wurden von den Delegierten in großer Einmütigkeit weitere Sanktionierungen im Zusammenhang mit TI-Anwendungen. Alle politischen Beschlüsse werden im Nachgang zur KZBV-VV auch auf der Internetseite der KZBV eingestellt.

Dr. Marion Marschall, Berlin

 

Quelle: Quintessence News Politik Nachrichten

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