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Die Erhöhung des GOZ-Punktwerts geht weit über das zahnärztliche Honorar hinaus – die Kolumne von Dr. Uwe Axel Richter

(c) Andrey_Popov/Shutterstock.com

„Es gibt nichts Gutes. Außer man tut es“. Was nichts anderes bedeutet, so jedenfalls Erich Kästner, als dass man handeln muss, wenn man etwas Gutes erreichen will! Handeln heißt auch, die Stimme zu erheben, um gehört und damit sichtbar zu werden. Ein urdemokratisches Prinzip im Übrigen.

Ende der vergangenen Woche ist eine Aktion zur Punktwertverbesserung der Gebührenordnung für Zahnärzte (GOZ) an die zahnmedizinische Öffentlichkeit gegangen, um die seit über 34 Jahren bestehende „Punkwertstase“ zu beenden. Zahnärzte um Dr. Rüdiger Schott aus Oberfranken haben eine Online-Petition beim Deutschen Bundestag eingereicht. Die Petition ist schon seit dem 9. Juni 2022 angenommen und registriert, allerdings noch nicht freigeschaltet. Ein Schelm, wer Hintergründiges dabei denkt …

Wer will wirklich demonstrieren?

Hand auf Herz: Welche niedergelassene Zahnärztin oder Zahnarzt ärgert sich wirklich noch richtig und nicht nur eigentlich über die mittlerweile gut 34 Jahre alte Gebührenordnung Zahnärzte (die Novellierung von 2012 hat ja nur wenige echte Verbesserungen gebracht, der Punktwert blieb unverändert)? Und zwar so sehr, dass man am liebsten aus der Praxis rennen und vor dem Bundesgesundheitsministerium demonstrierend auf die Misere aufmerksam möchte?

Demokratie lebt vom öffentlichen Diskurs, nicht vom Hinterzimmer

Sie finden diesen Impuls dem Heilberuflerstand nicht angemessen, vielleicht sogar albern? – Unterstellen wir einmal, dass nicht nur der aktuell in der Berliner Friedrichstraße amtierende Bundesgesundheitsminister samt seinem vielköpfigen Ministerium genau das weiß (wie im Übrigen alle Vorgängerinnen und Vorgänger auch). Wundert es dann wirklich, wenn in Sachen GOZ und Punktwertanpassung trotz vieler Gespräche samt nachvollziehbarer Argumente à la ökonomischer Fußabdruck und wohlmeinender Kampagnen à la „11 Pfennig“ nichts passiert?

Die Währung in einer Demokratie lautet „Stimme“, und zwar im zweifachen Sinne. Das ist nicht nur die, die man in der Wahlkabine oder per Briefwahl alle vier Jahre abgeben darf, und die dann für diesen Zeitraum „weg“ ist. Sondern auch die Stimme, die gehört wird, weil sie laut und vernehmbar ist und viele Bürger diese ebenfalls erheben. Das funktioniert nicht nur bei Greta Thunberg.

Politik ist auf dem Heilberuflerauge blind

Doch zurück zum hauptsächlich nur professionspolitisch beklagten GOZ-„Ärger“. Zwar ist dieser angesichts der nachweisbaren und erheblichen Kostensteigerungen der vergangenen drei Jahrzehnte mehr als nachvollziehbar. Aber offensichtlich werden die Kostensteigerungen von Mieten über die Löhne der Mitarbeiter bis hin zum Materialeinsatz seitens der Politik nur bei Rechtsanwälten, Architekten und Ingenieuren wahrgenommen – nicht aber bei Heilberuflern. Eine rationale Erklärung für diese Einseitigkeit gibt es nicht. Außer dass die unter dem Label „Gesundheit“ bewegten enormen Summen samt jährlicher Steigerungsraten den Politikern den Blick auf die finanziellen Realitäten in den Praxen verstellen.

Bema als Schmerzpflaster, aber nicht als Lösung

Und im Gesundheitssystem wird ja auch permanent verhandelt – bis hin zu den an der Grundlohnsumme orientierten jährlichen Steigerungen in der GKV und damit den Gebührenpositionen der Bema, die die Kostensteigerungen in der Vergangenheit mehr oder minder gut abgefangen haben. Will heißen: Den wirtschaftlichen Schmerz eines insuffizienten GOZ-Punktwerts durch Quersubventionierung innerhalb der Praxiseinnahmeströme halbwegs haben ertragen lassen.

Doch angesichts der enormen Kostensteigerungen in den vergangenen zwei Jahren muss man allerdings feststellen, dass ein „Weiter so“ kaum noch möglich sein wird, ohne dass es im Vergleich zur Bema zu faktischen Einschränkungen in der Versorgung von PKV und beihilfefähigen Patienten kommt. Und weil es so wichtig ist, sei es auch an dieser Stelle deutlich ausgesprochen: Auch die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in der zahnmedizinischen Versorgung haben ein Recht auf auskömmliche Gehälter. Mit 34 Jahre alten Punktwerten wird dieses allerdings schwierig.

Hohe Anzahl von Unterstützern entscheidend für den Druck

An diesem Umstand kann nur ein unter heutigen Kostenbedingungen auskömmlicher Punktwert etwas ändern. An dieser Stelle setzt die Online-Petition an. Gegenüber den bisherigen, durchaus honorigen professionspolitischen Versuchen, beim GOZ-Punktwert Bewegung zu erreichen, setzt die die Online-Petition darauf, den Worten mit einer möglichst hohen Anzahl an Unterstützern Nachdruck zu verleihen. Das Ziel ist, mindestens 50.000 Unterschriften innerhalb von vier Wochen zu erreichen. Sobald die Petition vom Petitionsausschuss freigeschaltet worden ist –wir werden Sie informieren –, kommt es auf also auf jede Stimme an.

Ökonomische Konsequenzen betreffen gesamte Dentalfamilie

In Anbetracht der ökonomischen Konsequenzen für die Zahnmedizin im Ganzen sind jedoch alle Mitglieder der Dentalfamilie aufgefordert, diese Petition zu unterstützen. Es geht um alle, die im gemeinsamen Boot sitzen, und nicht nur um die Zahnärzteschaft und die zahnärztlichen Fachangestellten, sondern auch um die Zahntechniker, Zahnlabore und Dentalindustrie.

Wem hinsichtlich der gelegten Messlatte von 50.000 Unterschriften innerhalb von vier Wochen Bedenken kommen sei gesagt: Wenn nur jede Praxis komplett mitmacht, reden wir bereits von mehr als 300.000 Unterschriften. Beziehen wir die Dentalfamilie mit ein, sind mehr als eine halbe Million Unterschriften möglich. Und da haben wir noch gar nicht von den Patienten gesprochen.

Dr. Uwe Axel Richter, Fahrdorf


Foto: Verena Galias
Dr. med. Uwe Axel Richter (Jahrgang 1961) hat Medizin in Köln und Hamburg studiert. Sein Weg in die Medienwelt startete beim „Hamburger Abendblatt“, danach ging es in die Fachpublizistik. Er sammelte seine publizistischen Erfahrungen als Blattmacher, Ressortleiter, stellvertretender Chefredakteur und Chefredakteur ebenso wie als Herausgeber, Verleger und Geschäftsführer. Zuletzt als Chefredakteur der „Zahnärztlichen Mitteilungen“ in Berlin tätig, verfolgt er nun aus dem hohen Norden die Entwicklungen im deutschen Gesundheitswesen – gewohnt kritisch und bisweilen bissig. Kontakt zum Autor unter uweaxel.richter@gmx.net.

 

Quelle: Quintessence News Politik Nachrichten

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