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Auslandseinsätze und Famulaturen 2023 – ein Bericht von Jonas Prinz und Benedict Antony

Auch Besuche in den Schulen gehörten zur Famulatur in Comedero.

(c) privat

Jedes Jahr zieht es eine Vielzahl junger Kolleginnen und Kollegen zu einem Hilfseinsatz ins Ausland. Bevorzugt werden dafür die Semesterferien genutzt, aber auch die Zeiten direkt nach dem Examen oder nach dem Abschluss der zweijährigen Vorbereitungsphase für die Kassenzulassung sind sehr beliebt.

Für viele ist es im Nachhinein betrachtet ein unvergessliches Erlebnis: Das Erlernte anzuwenden und gleichzeitig unbeschreiblich viele Eindrücke mitzunehmen, die meist lebenslang im Gedächtnis bleiben. Hier nun der Bericht von Jonas Prinz und Benedict Antony, die kürzlich von einem Einsatz in Las Galeras auf der Insel Hispanola zurückgekommen sind.

Das Erlebnis ist insofern bemerkenswert, als es im Herbst 2022 ganz und gar nicht danach aussah, dass in Las Galeras ein zahnmedizinisches Projekt laufen kann, denn im Herbst zog der Hurrikan Fiona seine Schneise genau über diesen Ort im nordöstlichsten Zipfel der Insel hinweg. Doch nicht zuletzt dank vieler Spenden auch aus Deutschland, die vom Hilfswerk Deutscher Zahnärzte (HDZ) gesammelt wurden (Quintessenz berichtete), konnte die Station wieder aufgebaut werden und auch vielen betroffenen Menschen im Ort wurde ebenfalls geholfen, so dass sie uns nun auf das Herzlichste verbunden sind.

Tobias Bauer, DIANO, Singen


Unsere Famulatur in der Dominikanischen Republik im Februar/März 2023

Die Planung

Der Wunsch, eine Auslandsfamulatur zu machen, bestand bei uns beiden seit dem Physikum. Aufgrund der Covid-Pandemie war es für uns nicht planbar, diese nach dem 8. Semester zu machen. Als dann während unseres Examens die ersten Eindrücke von Famulantinnen und Famulanten aus anderen Semestern geteilt wurden, wurde der Wunsch größer, diese Erfahrungen auch noch zu erleben. Also haben wir beschlossen, im Frühjahr 2023 unseren eigenen Hilfseinsatz zu realisieren. Unsere Planungen haben direkt nach unserem Examen im November gestartet. Durch Jonas gute Sprachkenntnisse in Spanisch war recht schnell klar, es sollte in ein spanischsprachiges Land gehen.

Über die Website des ZAD haben wir uns über Organisationen informiert und auch die ersten kontaktiert. Die Rückmeldung von ZA Tobias Bauer von DIANO war direkt sehr konkret und wir hatten das Gefühl, dass ihm auch viel daran lag, die Famulatur trotz der kurzfristigen Planung möglich zu machen.

DIANO ist in verschiedenen Ländern in der Karibik aktiv. Die Wahl fiel auf die Dominikanische Republik und wir konnten nach Flügen und der Reiseroute recherchieren. Parallel fand noch unsere Examensfeier statt und wir beantragten unsere Approbation. Nach den Feiertagen war es dann Anfang Januar höchste Zeit, die Flüge zu buchen. Durch den Kontakt von Herrn Bauer war es möglich, bei Condor ein Freigepäck für die gespendeten Materialien zu bekommen.

Als die Flüge gebucht waren und die Planungen damit konkret wurden, war es auch dann an der Zeit für uns, im Januar die ersten Sponsoren zu kontaktieren. Ein guter Zeitpunkt dafür ist zwei bis drei Monate vorher. Wichtig dabei ist es, sich zu informieren, was man genau vor Ort benötigt. Bei uns waren es in erster Linie Verbrauchsmaterialien wie Handschuhe, Desinfektionsmittel und Tupfer.

Nach ein paar Wochen kamen dann die ersten Pakete mit Materialien an und wir überlegten uns, wie viel Gepäck wir benötigten, kümmerten uns um die Packliste und planten mit Herrn Bauer eine Reiseroute. So kam der Tag, an dem wir mit 20 Kilogramm Trekking-Rucksäcken und 60 Kilogramm Spenden in drei großen Koffern am Flughafen in Frankfurt ankamen. Die Gepäckabgabe lief problemlos und dann ging der Flug auch schon los. Bei der Einreise wurden unsere Koffer begutachtet, aber unsere Einreise lief ohne Probleme.

Anreise

Unser Hinflug ging nach Puerto Plata im Norden und nach zwei Tagen Akklimatisierung stand der erste Arbeitstag im Monkey Jungle an. Die Monkey Jungle Station stellt sich im Nachhinein als echter Luxus heraus. Mit vier Behandlungsstühlen, die auch funktionierten, Licht und Absaugung ist die Ausstattung vor Ort sehr gut. Das Projekt wird querfinanziert durch die Einnahmen, die aus dem Angebot für Touristen stammen. Es gibt dort die Möglichkeit, Affen zu sehen und zum Abschluss den Weg nach unten mit der ZIP-Line zu nutzen. Mit den ersten erfolgreichen Extraktionen, Füllungen und auch Zahnreinigungen ging der Tag zu Ende und wir freuten uns auf die weiteren Wochen.

Las Galeras

Am Sonntag fand die Weiterreise mit den örtlichen Guaguas nach Las Galeras statt. Das war mit dem Spendengepäck eine erste Herausforderung. Geld, Zeit und Nerven spart man bei der Weiterreise ins Inland mit größeren Reisebussen statt der Guaguas und fünf- oder sechsmal Umsteigen.
Die nächsten beiden Wochen arbeiteten wir in Las Galeras. Die Station wird seit November 2022 betrieben und befindet sich, umgeben von den schönsten Stränden der Dom Rep, auf der Halbinsel Samaná. Empfangen von unseren zwei Kolleginnen aus Münster, fanden wir recht schnell einen guten Behandlungs-Rhythmus. Ich hatte direkt einen einprägsamen Start am ersten Tag, als ich bei meinem zweiten Patienten das erste Mal – gleich drei – externe Granulome gesehen habe.

Die Behandlung startete meistens gegen acht Uhr. Als allererstes mussten wir uns einen Überblick verschaffen, was die wartenden Patienten benötigten. Es war üblich, dass morgens direkt 10 bis 15 Patienten auf ihre Behandlung warteten und wir dann erstmal eine Reihenfolge nach Dringlichkeit und Art der Behandlung festlegen mussten. Da zu dem Zeitpunkt unseres Aufenthalts nur eine Einheit funktionierte, konnten wir nur an einem Stuhl Füllungen legen. So hatten wir einen Stuhl für Füllungen und einen Stuhl für Extraktionen und Limpiezas (Zahnreinigungen).

Da die Station in Las Galeras noch recht neu ist, haben sich auch während unseres Aufenthaltes die Gegebenheiten noch geändert. In unserer ersten Woche wurden alle Materialien – sortiert in Koffern – auf dem Boden aufbewahrt. In der zweiten Woche wurden zwei Schränke gekauft, welche wir mit Freude einräumen durften und so die Materialien besser zugänglich und deutlich kompakter verstaut werden konnten. In unseren letzten Tagen wurden auch Bodenfliesen angeliefert und so wird es auch in Zukunft einen gefliesten Boden geben – statt mit Folie abgedeckten Rohbeton.

Comedero

Nach zwei Wochen sollte es für uns zur letzten Station nach Comedero im Inland gehen. In dem kleinen, sehr ruhigen Ort wurden wir bei Gastfamilien untergebracht. Das Umfeld war sehr familiär und wir wurden sehr herzlich aufgenommen. Im Gebäude eines Diabetes Zentrums steht ein Raum mit der Aufschrift „consultario dental“ zur Verfügung. In unseren ersten Tagen waren wir etwas enttäuscht von den wenigen Patienten, die uns besuchten, und wir überlegten, wie wir die Situation verbessern könnten. Durch Mundpropaganda, das Aufhängen von Plakaten und einen Besuch in der Kirche, in der wir vorgestellt wurden, hatten wir dann für den Rest der Woche genug zu tun. So viel zu tun, dass wir ein zweites Zimmer, welches bis dato als Lager diente, aufräumten und zu einem zweiten Behandlungszimmer für Extraktionen und Zahnreinigungen umfunktionierten.

Für Comdero ist die frühzeitige Ankündigung Eures Besuchs sehr wichtig, so kann Reina, die Organisatorin vor Ort, für Euch am besten ca. zwei Wochen Werbung machen, sodass die Leute aus der Region auch von Eurer Anwesenheit wissen. Zum Zeitpunkt unseres Aufenthaltes waren vor allem Handschuhe in L und M, chirurgische Tupfer und Desinfektionsmittel wichtig.

Neben den täglichen Behandlungen besuchten wir zum einen die Vorschule neben dem Diabeteszentrum, informierten auf spanisch etwa 20 Vier- bis Fünfjährige und übten mit ihnen das Zähneputzen. Bei einem weiteren Schulausflug auf dem Moped ins Nachbardorf empfing uns der Direktor der Grundschule herzlich und wir zeigten 40 Erst- und Zweitklässlern die tägliche Mundpflege. Am letzten Tag in Comedero konnten wir an einem ganztägigen Workshop für rund 50 Diabetespatienten teilnehmen, der durch ein erfahrenes Ärzteteam aus den Vereinigten Staaten geleitet wurde. In einem zehnminütigen Vortrag mit anschließendem Gespräch klärten wir über die Zusammenhänge von Parodontitis und Diabetes auf und sprachen über die Relevanz der Mundgesundheit für Patienten mit Diabetes.

Fazit: Nicht die letzte Famulatur in unserem Leben

Nach dieser außergewöhnlichen Reise mit großartigen Begegnungen, Eindrücken und neuen Erfahrungen ist uns beiden klar geworden, dass wir nicht nur selbst viel gelernt haben, sondern vielen bedürftigen Menschen vor Ort mit unserer Arbeit und den gespendeten Materialien helfen konnten. Daher wird diese Famulatur nicht die letzte in unserem Arbeitsleben gewesen sein.

Was wir für das nächste Mal durch unsere Erfahrungen gelernt haben und teilen können: Eine gute Vorbereitung und Planung macht viel aus. Neben dem Sammeln von Materialspenden und Reisevorbereitungen ist die Kommunikation mit der Organisation und den Ansprechpartnern vor Ort sowie anderen Famulantinnen und Famulanten von entscheidender Bedeutung. Wer zusätzlich weltoffen und motiviert ist, kann sich auf viele unvergessliche und besondere Momente freuen.

Danksagung

Wir bedanken uns ganz herzlich bei allen Spendern und Unterstützern für die Materialspenden und sind sehr erfreut, diese sehr sinnvoll eingesetzt zu haben. Ohne die zahlreichen und großzügigen Materialspenden wäre ein Einsatz dieser Art nicht möglich.

Jonas Prinz und Benedict Antony

Quelle: Quintessence News med.dent.magazin Praxis Bunte Welt Menschen

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