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Änderungsantrag zum Krankenhauspflegeentlastungsgesetz – KZBV fordert Geltung erst ab 2029

(c) ChristianChan/Shutterstock.com

Die Ampel-Koalition macht in Sachen Repräsentanz von Frauen in der Selbstverwaltung jetzt Nägel mit Köpfen. Anfang November kamen ersten Meldungen, dass zeitnah eine Regelung erfolgen solle. Kurz vor der Anhörung zum Krankenhauspflegeentlastungsgesetz (KHPflEG) am 9. November 2022 im Gesundheitsausschuss des Deutschen Bundestags legten die Koalitionsfraktionen Änderungsanträge vor – und in Änderungsantrag 3 ist die „Stärkung der Repräsentanz von Frauen im Vorstand der Kassenärztlichen Vereinigungen und Kassenärztlichen Bundesvereinigungen“ formuliert.
 
Geändert werden soll dafür der Paragraf 79 Absatz 4 des Fünften Buchs Sozialgesetzbuch (SGB V): § 79 Absatz 4 wird wie folgt geändert: a) In Satz 1 wird vor dem Punkt am Ende ein Semikolon und werden die Wörter „besteht der Vorstand aus mehreren Mitgliedern, müssen ihm mindestens eine Frau und mindestens ein Mann angehören“ eingefügt. b) In Satz 2 wird vor dem Punkt am Ende ein Semikolon und werden die Wörter „dem Vorstand müssen mindestens eine Frau und mindestens ein Mann angehören“ eingefügt.‘

In der Begründung heißt, man vollziehe damit die bereits 2020 getroffene Regelung für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen im Öffentlichen Dienst und bei den gesetzlichen Krankenkassen nun auch für die Selbstverwaltung der Vertragsärzte und Vertragszahnärzte. (Für die Körperschaften Ärzte- und Zahnärztekammern hat der Bund keine Regelungskompetenz, diese liegt bei den Ländern. Eine stärkere Repräsentanz von Frauen in den Kammern müsste in der Regel über die Heilberufegesetze der Länder geregelt werden. Die Bundeszahnärztekammer ist als Arbeitsgemeinschaft der Zahnärztekammern ein eingetragener Verein.)

Da im Änderungsantrag keine abweichende Frist für das Inkrafttreten dieser neuen Regelungen vorgesehen ist, würden diese Vorgaben bereits mit Geltung des Gesetzes – geplant ist dafür der 1. Januar 2023 – wirksam werden.

KZBV schiebt Stellungnahme nach

Die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV) zu hat ihrer bereits vorliegenden Stellungnahme zum „Gesetz zur Pflegepersonalbemessung im Krankenhaus sowie zur Anpassung weiterer Regelungen im Krankenhauswesen und in der Digitalisierung (Krankenhauspflegeentlastungsgesetz – KHPflEG)“ vom 26. Oktober 2022 (darin geht es vorwiegend um die verlängerten Fristen und Änderungen bei den TI-Anwendungen) am 9. November 2022 noch eine weitere Stellungnahme zum Änderungsantrag 3 vorgelegt. In der Stellungnahme heißt es: „Die KZBV teilt die politischen Bestrebungen, die Repräsentanz von Frauen im Vorstand der KZVen und der KZBV zu stärken. Die Einführung einer gesetzlichen Regelung zur paritätischen Beteiligung von Frauen zum 01.01.2023 hält die KZBV allerdings für verfrüht. Bevor eine solche verpflichtende Regelung geschaffen wird, ist es notwendig, aus der Mitte der Zahnärztinnen eine breite Basis zu schaffen und möglichst viele Zahnärztinnen für ein Engagement in den Gremien zu gewinnen.“

KZBV will Geltung erst ab 2029

Die KZBV verweist in ihrer Stellungnahme auf den 2019 angestoßenen Prozess zur Frauenförderung in den KZVen und der KZBV. „Es ist eine Selbstverpflichtung der KZVen und KZBV und zentrale Aufgabe der Selbstverwaltung, im Rahmen ihrer Handlungs- und Gestaltungsspielräume Rahmenbedingungen so zu gestalten, dass dieses Ziel zeitnah erreicht wird.“ Dabei habe man bereits Erfolge erzielt: „Das Ziel, die Repräsentanz von Frauen insbesondere in Führungspositionen zu stärken, wird bereits bei anstehenden Vorstandswahlen einiger KZVen realisiert werden“, heißt es.

Trotzdem dringt die KZBV darauf, den Geltungsbeginn der Änderungen im Paragraf 79 SGB V auf den 1. Januar 2029, also den Beginn der übernächsten Legislaturperiode der Kassenzahnärztlichen Vereinigungen und der KZBV zu verschieben. Begründet wird dies unter anderem damit, dass in einigen KZVen bereits die neuen Vorstände für die Legislaturperiode ab 2023 gewählt wurden (zum Teil wurde dies noch von den alten VVen getan) beziehungsweise die „die Vorstandswahl vorbereitenden Maßnahmen abgeschlossen sind“. Die Zeit von nicht einmal zweieinhalb Monaten sei zu kurz, um das vom Gesetzgeber verfolgte Ziel noch umzusetzen.

Kritik von Zahnärztinnen

Die Spitzenfrauen Gesundheit hatten bereits Anfang November die neue gesetzliche Regelung für mehr Repräsentanz von Frauen in der Selbstverwaltung der Vertragsärzte und -zahnärzte angekündigt und begrüßt. Die Stellungnahme der KZBV rief vor allem beim Verband der ZahnÄrztinnen plus (VZAE+) scharfe Kritik hervor. Der Verband forderte die KZVen und die KZBV auf, sich von dieser die Frauen in den Körperschaften diskriminierenden Stellungnahme zu distanzieren: „Ein weiterer Aufschub bis 2029 ist weder zumutbar oder zeitgemäß, noch dazu im höchsten Maße eine schwere Diskriminierung von ZahnÄrztinnen. Sie disqualifizieren sich sonst selbst und sind für Frauen nicht wählbar“, heißt es in dem Statement, dass der Verband auf seinen Social-Media-Kanälen verbreitet. Er appelliert zudem an die Wähler der noch ausstehenden KZV-Wahlen, mit ihrem Kreuz dafür zu sorgen, „dass man(n) sich hier nicht durchsetzen kann“.

Mit großen Schritten in Richtung Parität in den Körperschaften

„Mit dem Änderungsantrag Nr. 3 zum KHPfIEG sind schnell Tatsachen geschaffen worden. Einige waren überrascht und finden es zu schnell, andere haben dies kommen sehen. Dentista begrüßt diesen Fortschritt sehr“, heißt es vom Dentista e.V. Seit mehr als 15 Jahren stehe Dentista für die weibliche Perspektive in der Zahnmedizin und in den vergangenen Jahren finde man sich immer mehr an entscheidenden Stellen wieder. „Wir sind der Meinung, dass es keiner Verschiebung auf den 1 .Januar 2029 bedarf,  um Frauen weiter zu fördern. Wir alle sind Akademiker und unser Engagement gilt dem Berufsstand und der zahnmedizinischen Versorgung der Bevölkerung.“

Viele Kolleginnen hätten in den vergangenen Jahren die AS-Akademie durchlaufen, um sich im Bereich Standespolitik fortzubilden – in dem Bewusstsein, dass an den Spitzen von KZVn und Kammern kein Kaffeekränzchen abgehalten, sondern hart für die Zahnärzte gekämpft werde. „Kolleginnen haben sich Kompetenzen im Bereich Wirtschaft und Management angeeignet und Dentista hat besonders in den vergangenen Jahren dies unterstützt. Vielleicht führt dieser aktuelle Druck durch die Gesetzgebung dazu, dass man Führung und Führungsverantwortung anders denkt und sich Beispiele aus der Wirtschaft zum Thema Führungsteilung im Sinne eines Topsharings zum Vorbild nimmt oder neue Modelle entwickelt.“

Gutes Beispiel BZÄK-Vorstand

„Was kann im schlimmsten Fall passieren? Es sitzt eine inkompetente Akademikerin mit Förderbedarf zwischen Männern im Vorstand“, so der Verband. Wie Diversität funktioniere, sehe man im aktuellen Vorstand der Bundeszahnärztekammer. Das dieser Vorstand und besonders Dr. Romy Ermler einen guten Job macht, könnten die meisten bestätigen. Hier habe es durch die plötzliche Diskussion um die öffentliche Kandidatur einer Kollegin für den Vorstand der BZÄK auch einen Druck gegeben, einen Posten mit einer Kollegin zu besetzen. Dies sei „hervorragend gelungen. Somit blicken wir positiv in die Zukunft, dass bei den anstehenden Wahlen ebenfalls geeignete Kandidatinnen gefunden werden und stehen als Ansprechpartner für alle Kolleginnen und Kollegen weiterhin zur Verfügung“, so die Dentista-Präsidentin Dr. Rebecca Otto.

Die Kassenärztliche Bundesvereinigung ist in ihrer schriftlichen Stellungnahme zum Gesetzentwurf vom 9. November 2022 nicht auf den Änderungsantrag 3 eingegangen. Auch in der Anhörung des Gesundheitsausschusses spielte der Antrag angesichts der anderen Regelungen (ambulante Behandlungen im Krankenhaus, Pflegekräfte, Pädiatrie, Telematikinfrastruktur und TI-Anwendungen) ausweislich des Protokolls keine Rolle.

Unterschiedliche Situation in den KZVen

Die Situation in Sachen Frauenanteil in den Vertreterversammlungen und in den Vorständen der KZVen ist sehr unterschiedlich. So ist es in KZV Westfalen-Lippe gelungen, durch aktive Nachwuchsarbeit Frauen und junge Kolleginnen und Kollegen für die Standespolitik zu interessieren. Zudem konnten stark mit Frauen besetzte Listen bei der Wahl punkten, sodass die neue VV sowohl anteils- als auch altersmäßig die Zusammensetzung der Vertragszahnärzteschaft widerspiegelt. Durch eine Satzungsänderung besteht auch noch die Chance, ein drittes, weibliches Vorstandsmitglied zum bereits gewählten Vorstand zu wählen.

In anderen KZVen heißt es, man habe sehr auf paritätisch besetzte Wahllisten geachtet, die Kolleginnen hätten aber von den Wählerinnen und Wählern oft nicht genug Stimmen bekommen, um einen Platz in der neuen VV zu erhalten. „Da haben dann wohl doch viele einfach die ihnen bekannten Namen oder den Kollegen aus der Nachbarschaft gewählt“, heißt es. In einer KZV geht der gestiegene Frauenanteil vor allem auf die Liste der Kieferorthopädinnen und Kieferorthopäden zurück.

Vermutlich keine KZV-Vorstandsvorsitzende mehr

Nach aktuellem Stand ist es eher unwahrscheinlich, dass es ab 2023 eine Frau als Vorstandsvorsitzende einer KZV geben wird. Die bislang einzige KZV-Vorstandsvorsitzende Dr. Ute Maier in Baden-Württemberg war nicht erneut zur Wahl angetreten. Dort haben jetzt der Kammerpräsident Dr. Torsten Tomppert und sein Vizepräsident Dr. Peter Riedel auch die Ämter als Vorstandsvorsitzender und stellvertretender Vorstandsvorsitzender der KZV übernommen. Auch die Vorstände in Nordrhein und Hessen wurden bereits gewählt – zwar zum Teil mit neuen Gesichtern, aber ohne Frauen. Es sei nicht einfach, Nachwuchs für die komplexe Arbeit in den KZVen zu gewinnen, das gelte für Frauen und Männer gleichermaßen, heißt es aus den KZV-Vorständen. In einigen KZVen ist es offenbar gelungen, Kolleginnen und Kollegen erfolgreich einzubinden. Aus anderen heißt es, dass die komplexen regionalen Strukturen es schwierig gemacht hätten, interessierte Kolleginnen und Kollegen zu fördern.

Die KZV-Vorstände werden zwar gewählt, sind aber hauptamtlich tätig. Die Vorstandsposten werden zudem ausgeschrieben. Bewerben kann sich jede/jeder, der sich dafür interessiert. Auch in der Wahl-VV ist eine Bewerbung noch möglich. In der Regel gibt es aber in den KZVen Findungskommissionen, die mit den Bewerberinnen und Bewerbern auch über die Vertragsbedingungen verhandeln müssen, da die Vorstandsverträge von der VV gebilligt und von den Aufsichtsbehörden genehmigt werden müssen. Das Sozialrecht gilt aufgrund seines Umfangs und der vielen ständigen Änderungen als einer der komplexesten Rechtskreise mit vielen verschiedenen Playern. Neben dem SGB V sind heute wegen der zahlreichen Querverbindungen auch andere Sozialgesetzbücher (Pflege, Rehabilitation und Teilhabe, Sozialleistungen etc.) zu beachten.

Wahl des KZBV-Vorstands erst im Frühjahr 2023

Die Wahl des Vorstands der KZBV wird erst Ende März 2023 auf der konstituierenden Sitzung der neuen Vertreterversammlung in Berlin erfolgen. Die neue VV der KZBV wird sich dabei mehrheitlich aus den neuen hauptamtlichen Vorständen der KZVen (34 Sitze) und den 26 (neuen) Delegierten aus den VVen der KZVen zusammensetzen. Die Anzahl der Sitze einer KZV ist von der Anzahl der vertretenen Vertragszahnärzte abhängig.

 

Reference: Politik Nachrichten med.dent.magazin

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