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KZBV und BZÄK: „Dynamische Entwicklung von Investoren im Gesundheitsbereich muss endlich gestoppt werden“ – Diskussion läuft schon seit Jahren

(c) JG Fotografia/Shutterstock.com

Trotz anderslautender Ankündigungen aus dem Bundesgesundheitsministerium und des Bundesgesundheitsministers liegt noch immer kein Vorschlag zur Regulierung von sogenannten Investoren-MVZ (iMVZ) vor. Das kritisieren Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV) und Bundeszahnärztekammer (BZÄK) anlässlich des Mitte Januar 2024 bekannt gewordenen Referentenentwurfs für das Gesetz zur Stärkung der Gesundheitsversorgung in der Kommune (Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetz – GVSG).

Beide fordern Bundesgesundheitsminister Prof. Dr. Karl Lauterbach noch einmal mit Nachdruck auf, seinem Ende 2022 gegebenem Versprechen endlich Taten folgen zu lassen und Medizinische Versorgungszentren, die von versorgungsfremden Investoren betrieben werden (sogenannte iMVZ), nun wirksam zu regulieren.

30 Prozent iMVZ unter allen zahnärztlichen MVZ

Seit Jahren dringen Private-Equity-Gesellschaften und andere große Finanzinvestoren in die vertragszahnärztliche Versorgung vor, in dem sie häufig kleine und marode Krankenhäuser aufkaufen, um sie dann lediglich als gesetzlich notwendiges Vehikel zur Gründung von iMVZ und großer iMVZ-Ketten zu nutzen. „Die Dynamik ist enorm: Mittlerweile liegt der Anteil der iMVZ an allen zahnärztlichen MVZ bei 30,4 Prozent (3. Quartal 2023) – mit weiter steigender Tendenz“, heißt es in der aktuellen Meldung. Mit ihrem Fokus auf schnelle Rendite stellten iMVZ eine erhebliche Gefahr für die Patientenversorgung dar, wie sie beispielsweise das ARD-Magazin „Panorama“ mehrfach dokumentiert habe. Auch das Gutachten des IGES-Instituts belegediese Tendenz, so KZBV und BZÄK.

Obgleich das Bundesministerium für Gesundheit bereits öffentlich kommuniziert habe, dass die Regulierung von iMVZ in diesem Gesetzgebungsverfahren aufgegriffen werden soll, bietet der jetzt bekannt gewordene Referentenentwurf keine neuen Lösungsansätze zur Eindämmung dieser Problematik. Der Entwurf datiert vom 19. Dezember 2023.

Tendenz zu Über- und Fehlversorgung

Hierzu erklärt Martin Hendges, Vorstandsvorsitzender der KZBV: „Schon lange ist bekannt, dass die rein renditeorientierten zahnärztlichen iMVZ kaum etwas zur Versorgung auf dem Lande beitragen. Ihr Anteil an der Versorgung vulnerabler Gruppen ist auch deutlich geringer als bei herkömmlichen Praxen. Unsere Analyse von Abrechnungsdaten zeigt zudem eine Tendenz zu Über- und Fehlversorgungen in iMVZ gegenüber den bewährten Praxisformen. Daher fordern wir Minister Lauterbach noch einmal auf, hier entsprechende Regelungen aufzunehmen und die fortschreitende Vergewerblichung des Gesundheitswesens endlich wirksam zu stoppen. Dabei gilt es den Besonderheiten der zahnärztlichen Versorgung Rechnung zu tragen“, so Hendges.

Räumlicher und fachlicher Bezug ins Gesetz

„Unsere konkreten Vorschläge dazu liegen seit Langem auf dem Tisch: Ein räumlicher und – das ist wichtig – auch fachlicher Bezug eines Trägerkrankenhauses muss gesetzlich zur Voraussetzung der Gründungsbefugnis eines Krankenhauses von iMVZ gemacht werden. Darüber hinaus ist zur Herstellung erforderlicher Transparenz die Schaffung von iMVZ-Registern und die Verpflichtung für iMVZ-Betreiber, auf Praxisschildern und Websites Angaben über Träger- und Inhaberstrukturen zu machen, dringend erforderlich.“

„Deutsche Zahnmedizin braucht keine fachfremden Investoren“

BZÄK-Präsident Prof. Dr. Christoph Benz betont: „Die Zahnmedizin in Deutschland braucht keine fachfremden Investoren, die sich in ohnehin meist gut versorgten kaufkraftstarken Regionen niederlassen, um dort ihre Renditeversprechen zu erfüllen. Da die Behandler in iMVZ oft unter einem enormen Umsatzdruck stehen, finden die dort angestellten Kolleginnen und Kollegen meist eine schlechte Work-Life-Balance vor, die sich auch auf die Behandlungsqualität auswirken kann“, so Benz.

Besorgniserregende Studie aus den USA

Er verweist auf eine Untersuchung aus den USA, wo ein amerikanisches Forschungsteam kürzlich die Auswirkungen der Private-Equity-Akquisitionen von US-Krankenhäusern auf die klinische Qualität der stationären Versorgung untersucht habe – „mit erschreckenden Ergebnissen“, so Benz. „Diese US-Studie verstärkt unsere Besorgnis über die Auswirkungen von Private Equity auf die Gesundheitsversorgung erheblich. Um den erheblichen Gefahren für die Patientenversorgung nachhaltig entgegenzutreten, braucht es jetzt eine standhafte Politik, die im Ergebnis klare gesetzliche Vorgaben gegen die ungebremste Ausbreitung von iMVZ auf den Weg bringt.“

Keine einheitliche Position in der Koalition

In der aktuellen Regierungskoalition scheint es keine einheitliche Position zu den iMVZ zu geben. Während die SPD und Bündnis 90/Die Grünen Fehlentwicklungen sehen und Regulierungen befürworten, hat die FDP-Bundestagsfraktion Ende 2023 ein Papier veröffentlicht, das keinen Bedarf dafür sieht und nur geringfügige Regulierungen für nötig hält.

Lange Auseinandersetzung um Regulierung von Fremdinvestoren

Um eine stärkere Regulierung von Fremdinvestoren im ambulanten Bereich – im stationären Bereich sind sie in Krankenhäusern, Reha- und Pflegeeinrichtungen längst etabliert – gibt es politische Auseinandersetzungen, seit es gesetzlich die Möglichkeit für Fremdinvestoren gibt, auch im ambulanten Bereich tätig zu werden. Erste Regelungen waren für den ärztlichen und zahnärztlichen Bereich noch unter der letzten Großen Koalition und Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) im Terminservice- und Versorgungsgesetz 2019 etabliert worden, inklusive einer Evaluierung.

Bisherige Vorgaben nicht ausreichend

Aus Sicht der Zahnärzteschaft reichen diese Regulierungen aber nicht aus, die Zahl der iMVZ ist weiter gestiegen. Unterstützung kommt aus den Bundesländern, die Gesundheitsministerkonferenz fordert den neuen Bundesgesundheitsminister Lauterbach seit Ende 2022 und mit einer eigenen Gesetzesinitiative im Bundesrat seit 2023 zum Handeln auf. Lauterbach selbst hatte Ende 2022 erklärt, er wolle „keine Investoren-Medizin“, und angekündigt, gegen Auswüchse zum Beispiel bei der Augenheilkunde, bei der Dialyse und auch bei Zahnärzten vorgehen zu wollen. Später erklärte er, er wolle die Regelungen dafür in das zweite Versorgungsstärkungsgesetz aufnehmen, das ursprünglich für Herbst 2023 angekündigt worden war. Aus der Ärzte- und Zahnärzteschaft war eine frühere Regulierung gefordert worden, dann hieß es, das Thema werde im ersten Versorgungsstärkungsgesetz enthalten sein. Die Bundesärztekammer hat zur Regulierung der iMVZ 2023 ein eigenes Papier veröffentlicht, Juristen bewerteten die Pläne des Bundesgesundheitsministers dazu als unterschiedlich realistisch und rechtlich haltbar.

Ärztliche MVZ-Betreiber sehen ungleich lange Spieße

Die Diskussion über die Bewertung der Investoren in der ambulanten Versorgung selbst ist unterschiedlich. Zu schaffen macht dabei den in (zahn-)ärztlicher Hand befindlichen MVZ ein Urteil des Bundessozialgerichts zur Eigentümerschaft/Geschäftsführertätigkeit eines Arztes und gleichzeitiger Anstellung im MVZ. Aber auch ein „Geburtsfehler“ der MVZ-Regelungen sorgt nach Auffassung des Bundesverbands Medizinischer Versorgungszentren (BMVZ) für ungleich lange Spieße zwischen MVZ in vertragsärztlicher Trägerschaft und den nichtärztlichen Betreibern von iMVZ.

Betreiberverbände sehen sich in der Sicherstellung der Versorgung

Vonseiten der Betreiberverbände wird immer wieder betont, dass die iMVZ in Zeiten sinkender Niederlassungsbereitschaft des ärztlichen und zahnärztlichen Nachwuchses dafür sorgten, dass die medizinische Versorgung der Menschen über die dort angestellten Zahnärztinnen/Zahnärzte beziehungsweise Ärztinnen und Ärzte sichergestellt werde. Das erklärte zuletzt auch der Bundesverband für nachhaltige Zahnheilkunde (BNZK), in dem 14 Betreiber von zahnärztlichen iMVZ Mitglied sind.

Angestelltenverhältnis im iMVZ als Alternative

Unter Hinweis auf die Studie „„Berufsbild angehender und junger Zahnärztinnen und Zahnärzte“ des Instituts der Deutschen Zahnärzte und die dort ermittelten Hemmnisse für die Niederlassungsbereitschaft wie hohe Kosten, ein hohes Maß an Verwaltung und Bürokratie und die langfristige Bindung an einen Standort erklärte Franz Maier, Vorsitzender des Bundesverbands für nachhaltige Zahnheilkunde: „Das Anstellungsverhältnis in einem MVZ bietet jungen und erfahrenen Zahnärztinnen und Zahnärzten einen sicheren Arbeitsplatz, eine sehr gute Bezahlung, flexible Arbeitszeiten und eine Konzentration auf den Beruf an sich“.

Der Blick auf die räumliche Verteilung der ärztlichen wie zahnärztlichen iMVZ zeigt allerdings, dass diese derzeit in der Regel nicht in den Regionen zu finden sind, in denen Versorgungslücken bereits existieren oder drohen. (MM)
 
Mit Material der KZBV und BZÄK.

Reference: Politik Wirtschaft Nachrichten

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